Trinitatis (26. Mai 2024)

Autorin / Autor:
Rundfunkpfarrerin i. R. Dr. Lucie Panzer, Stuttgart [lucie.panzer@web.de]

Epheser 1,3-14

IntentionDie Predigt soll zeigen, wozu die schwierige Lehre vom dreieinigen Gott für uns Christen wichtig ist.

Nur ein Gott. In drei Personen„Allahu akbar!“ – Gott ist größer! So beginnen die Muslime ihren Gebetsruf. Manche versetzen damit die Welt in Angst und Schrecken und benutzen ihn als Kriegsruf. Aber eigentlich fängt so der Gebetsruf der Muslime an. Und dann beginnt das Bekenntnis: „Ich bezeuge, es gibt keinen Gott außer Gott.“ Fünfmal am Tag sollen gläubige Muslime das sprechen, damit es sich einprägt: Nur ein Gott!
„Höre, Israel! Der HERR, unser Gott, der HERR ist einzig“ (Dtn 6,4f). So heißt nach der Bibel das Glaubensbekenntnis der Juden. Nur ein Gott! Das war auch ihnen von Anfang an wichtig neben den vielen Göttern der Nachbarvölker.
Nur ein Gott! Darin sind sich Juden und Muslime einig, ganz gleich, ob sie ihn Allah, Adonaj oder „der Heilige“ nennen. Und sie schauen ein bisschen verständnislos auf uns Christen, wenn wir bekennen: „Ich glaube an Gott, den Vater, den … Schöpfer…“ … „und an Jesus Christus seinen eingeborenen Sohn“ … und „Ich glaube an den Heiligen Geist“. So sagen wir ja in unserem Glaubensbekenntnis. Wir beginnen unsere Gottesdienste „im Namen Gottes: des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“. Und wir behaupten doch, wir glaubten an einen Gott, so wie Juden und Muslime. „Wie denn nun“, fragen die verwundert: „Das sind doch mindestens zwei: Vater und Sohn. Oder sogar drei? Was ist mit dem Heiligen Geist?“
Von der Dreieinigkeit Gottes sprechen christliche Theologen deshalb, ein Gott in drei Personen. Aber wie soll man das verstehen?
Mein Enkel betet abends zum lieben Gott. Und er hat mich gefragt: „Ist der Jesus ein Zauberer, wenn er aus Wasser Wein machen kann?“ Da war ich erstmal sprachlos. Vom Geist Gottes will er gar nichts hören: Er hat Angst vor Gespenstern… Was würden Sie ihm sagen? …
Einmal im Jahr gibt nach alter Tradition die Kirche Gelegenheit, sich Klarheit zu verschaffen. Eine Woche nach Pfingsten, am Sonntag Trinitatis, das heißt „Dreieinigkeit“.
Ein Bibelabschnitt aus dem Epheserbrief soll uns Klarheit schaffen.

Ich lese Epheser 1,3-14:
„Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus,
der uns gesegnet hat mit allem
geistlichen Segen im Himmel
durch Christus.
Denn in ihm hat er uns erwählt, ehe der Welt Grund gelegt war,
dass wir heilig und untadelig vor ihm sein sollten in der Liebe;
er hat uns dazu vorherbestimmt, seine Kinder zu sein
durch Jesus Christus
nach dem Wohlgefallen seines Willens,
zum Lob seiner herrlichen Gnade,
mit der er uns begnadet hat in dem Geliebten.
In ihm haben wir die Erlösung durch sein Blut, die Vergebung der Sünden, nach dem Reichtum seiner Gnade,
die er uns reichlich hat widerfahren lassen
in aller Weisheit und Klugheit.
Gott hat uns wissen lassen das Geheimnis seines Willens
nach seinem Ratschluss, den er zuvor in Christus gefasst hatte,
um die Fülle der Zeiten heraufzuführen,
auf dass alles zusammengefasst würde
in Christus, was im Himmel und auf Erden ist, durch ihn.
In ihm sind wir auch zu Erben eingesetzt worden,
die wir dazu vorherbestimmt sind nach dem Vorsatz dessen,
der alles wirkt, nach dem Ratschluss seines Willens,
damit wir zum Lob seiner Herrlichkeit leben,
die wir zuvor auf Christus gehofft haben.
In ihm seid auch ihr, die ihr das Wort der Wahrheit gehört habt,
nämlich das Evangelium von eurer Rettung –
in ihm seid auch ihr, als ihr gläubig wurdet,
versiegelt worden mit dem Heiligen Geist,
der verheißen ist, welcher ist das Unterpfand unsres Erbes,
zu unsrer Erlösung, dass wir sein Eigentum würden
zum Lob seiner Herrlichkeit."

Alles klar?Alles klar, jetzt?
Sie dürfen ruhig mit dem Kopf schütteln. Im Griechischen steht da ein einziger, langer, verschachtelter Satz – den kann man auf Anhieb nicht verstehen. Der Schreiber dieses Briefes muss ein sehr gebildeter Mann gewesen sein. Ich habe den langen Satz zuerst auch nicht verstanden. Ich will versuchen, uns Klarheit zu verschaffen so gut ich kann. Mal sehen, ob das gelingt.

Was soll das?Als erstes ist mir aufgefallen, dass von Vater, Sohn und Geist gar nicht so viel die Rede ist in diesem langen Satz. Viermal aber gibt es eine Antwort auf die Frage, die Sie sich vielleicht auch gestellt haben: Wozu das alles? Was soll das, diese drei Gestalten Gottes? Gleich am Anfang gibt es die Antwort: „dass wir heilig und untadelig vor Gott sein sollten in der Liebe“. Das wird gleich noch einmal wiederholt: „wir sollen Gottes Kinder sein zum Lob seiner herrlichen Gnade“. Später dann heißt es noch: „damit wir zum Lob seiner Herrlichkeit leben“ und am Schluss: „zum Lob seiner Herrlichkeit“. Das also hat Gott im Sinn, das hat Gott im Sinn mit uns Menschenkindern: Wie wir leben, das soll allen zeigen, wie gut Gott uns Menschen geschaffen hat. Wie gut Gott die Welt geschaffen hat. Wir sollen so leben (heilig und untadelig) dass das alle begreifen können: die Christen, die leben im Sinne Gottes. Die leben im Sinne Gottes, des Schöpfers: dass alle Menschen, die uns sehen, Gottes Liebe und Gnade loben. Und alle Welt profitiert davon. Alle sollen sagen können, was für eine herrliche Schöpfung! Was für ein herrlicher Schöpfer des Himmels und der Erde.
Ob das eine Überforderung ist? Wer von uns ist schon untadelig und heilig? Martin Luther hat das anscheinend auch gedacht und deshalb ein kleines Wort eingefügt: „damit wir etwas seien zum Lob seiner Herrlichkeit“. „Etwas“ steht nicht in dem Brief. Luther hat es eingefügt. Ich verstehe dieses „etwas“ als „ein klein wenig“ oder „ein kleines bisschen“. „Etwas zum Beweis der Herrlichkeit Gottes beizutragen“, heißt dann, das beizutragen, was ich kann. Soviel oder so wenig ich kann. Der Epheserbrief gibt ganz am Anfang unserem Leben damit ein schönes Ziel. Jede und jeder muss für sich entscheiden, wie er/sie „etwas“ dazu beiträgt, Gottes Herrlichkeit zu zeigen.

Gott der SchöpferDamit das klar wird, sollen wir Christen im Sinne unseres Schöpfers leben. Der hat uns den Auftrag gegeben, die Erde zu bebauen und zu bewahren, und zwar so, dass alle seine Geschöpfe gut auf seiner Erde leben können. Tun wir das? Zur Orientierung hat uns Gott Gebote gegeben: nicht wegnehmen, was andere haben, nicht töten, nicht begehren und erstreben, was anderen gehört. Tun wir das?

Der Sohn: Gott kommt zur WeltNein, ganz oft tun Menschen das nicht. Weil sie mehr wollen, vor allem für sich selbst. Weil sie weiter kommen wollen, höher hinaus, schneller voran. Dann bleiben andere auf der Strecke. Die sehen dann keinen Grund, Gott zu loben. Gottes gute Schöpfung verdirbt und verlottert. Weil das schon immer so war, ist Gott schließlich zur Welt gekommen in dem Menschen Jesus Christus. Der hat Gott seinen Vater genannt und gezeigt, wie das gehen kann, „zum Lobe Gottes zu leben“. Jesus ist den Menschen freundlich begegnet, er hat mit denen, die am Rand standen, gemeinsam gegessen und getrunken, er hat sich den Kranken zugewendet, anstelle des Eigennutzes hat er geteilt und zum Teilen ermutigt. Wie Eltern ihren Kindern (hoffentlich) vorleben, was gutes Leben ist, lebt uns Gott in Jesus Christus gutes Leben vor. Wir können das im Evangelium nachlesen und uns daran orientieren. Jesus hat auch gezeigt, wie man damit scheitern kann, mit diesem guten Leben. Wie sie einen fertig machen können, verspotten und wie man zum Verlierer werden kann. Jesus ist hingerichtet worden für seine Art zu leben. Aber Gott hat in Jesus auch gezeigt: Er steht auf der Seite der Verlierer. Er steht auf der Seite der Opfer. Jesus ist auferstanden. Gott hat ihm Recht gegeben. Gott steht auf der Seite der Menschen, die in seinem Sinn leben. Er lässt auch uns nicht im Stich, wenn wir scheitern und verspottet werden. Er schenkt auch uns neues Leben, wenn das alte zu Ende ist.

Der Heilige Geist: Erinnerung und TrostAber das ist nicht so einfach zu glauben. Sie wissen das und ich auch. Man kann das nicht immer: in Gottes Sinn leben. Vieles steht dem entgegen. Man kann auch nicht immer glauben, dass man das soll. Und auch wenn Jesus gezeigt hat: Wer scheitert, kann neu anfangen – wir denken oft ganz anders. Viel leichter fällt es mir, zu sagen: Mit der bin ich fertig, oder: der ist für mich gestorben. Und auch mit mir selbst kann ich nicht gnädig sein, wenn ich Fehler gemacht habe: Das verzeihe ich mir nie, denke ich und versuche zu vertuschen und zu verdrängen, was ich verkehrt gemacht habe.
Deshalb brauchen wir Gottes Geist, den Heiligen Geist, der uns an Jesus erinnert. Der uns zu glauben hilft: Ich bin und bleibe Gottes Kind. Auch wenn ich falsch gehandelt habe und ich mich selbst nicht mehr leiden kann. Der Heilige Geist hilft mir zu glauben: Du kannst neu anfangen. Gottes Heiliger Geist macht Mut. Und er tröstet, wenn alles zu Ende scheint. „Ich glaube, dass ich nicht aus eigener Vernunft noch Kraft an Jesus Christus … glauben oder zu ihm kommen kann…“ hat Martin Luther den dritten Teil unseres Glaubensbekenntnisses erklärt. „sondern der Heilige Geist beruft mich durch das Evangelium. Er erleuchtet mich mit seinen Gaben und erhält mich im rechten Glauben …“ Ich weiß nicht, ob die Konfirmandinnen und Konfirmanden das noch lernen. Aber sie lernen hoffentlich: Aus eigener Kraft kann man nicht glauben. Man braucht dazu Gottes Heiligen Geist. Ich finde, das macht einen toleranter gegen die, die es nicht können. Für die kann man bitten: Komm, Heiliger Geist.

Gott in drei GestaltenGlauben ist nicht leicht. Erst recht nicht an den einen Gott in drei Gestalten. Drei Gestalten, je nachdem, wo und wie er gebraucht wird. So wie ich verschieden bin, mal Pfarrerin, mal Mutter, mal Tochter, mal Großmutter, mal Gesprächspartnerin, mal eine unternehmungslustige Reisende, mal Patientin. Je nachdem. Und doch immer dieselbe Frau.
So ist es auch mit Gott. Er begegnet uns in mindestens drei Gestalten. Und ist immer der eine Gott. Amen.

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