Quasimodogeniti (07. April 2024)
Johannes 20,19-20.24-29
IntentionDie Predigt macht Mut, zu hoffen und zu glauben, auch wenn wir Jesu Wundmale nicht sehen können. Sie ermutigt dazu, sich etwas Kindliches zu bewahren oder zurückzuholen.
Sein wie die KinderLiebe Gemeinde, in diesem Jahr wäre Erich Kästner 125 Jahre alt geworden. Dass wir an seinen Geburtstag denken, hat mit seinen Büchern zu tun: Klassiker wie „Emil und die Detektive“, „Pünktchen und Anton“, „Das fliegende Klassenzimmer“ und „Das doppelte Lottchen“. Erich Kästner war einer, der sich gegen Krieg wandte und gesellschaftskritisch war und sich auch traute, das NS-Regime zu kritisieren. Seine Bücher wurden im Nationalsozialismus verboten, und er musste die Verbrennung seiner eigenen Bücher mit ansehen. Er hatte gehofft, dass es nicht so schlimm wird in Deutschland. Wurde es aber. In einer Zeit wie heute rückt seine Biographie wieder erschreckend nah.
Erich Kästner hat uns viele Geschichten geschenkt, die Kinder in den Mittelpunkt stellen. Mutige Kinder, Mädchen und Jungen, die die Welt verändern, weil sie unvoreingenommen sind und nicht einfach alles so hinnehmen, was geschieht; weil sie daran glauben, dass das Gute siegt. Erich Kästner erzählt Geschichten über Kinder, für Kinder und für alle, die noch das Kind in sich spüren. Vielleicht war es auch ein kindliches Gemüt, das ihn hat hoffen lassen, dass es in Deutschland doch nicht zu schlimm ist. Deshalb ist er nicht geflohen, obwohl seine Bücher verboten wurden. Vielleicht war es auch der Mut einer kindlichen Seele, dass er den Mund aufgemacht hat und sich gegen rechte politische Gesinnung ausgesprochen hat.
„Wie die neugeborenen Kinder“, so heißt dieser Sonntag. Wir sollen sein wie die Kinder. Unbedarft, unbefangen, vertrauensvoll, unverstellt, sorgenfrei, zuversichtlich und voller Vorfreude auf die Zukunft.
Thomas war kritischThomas war das nicht. Thomas war kritisch. Konnte nicht glauben, brauchte Beweise. Um ihn geht es im heutigen Predigttext. Johannes erzählt uns von ihm:
„Am Abend aber dieses ersten Tages der Woche, da die Jünger versammelt und die Türen verschlossen waren aus Furcht vor den Juden, kam Jesus und trat mitten unter sie und spricht zu ihnen: Friede sei mit euch! Und als er das gesagt hatte, zeigte er ihnen die Hände und seine Seite. Da wurden die Jünger froh, dass sie den Herrn sahen.
Thomas aber, einer der Zwölf, der Zwilling genannt wird, war nicht bei ihnen, als Jesus kam. Da sagten die andern Jünger zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er aber sprach zu ihnen: Wenn ich nicht in seinen Händen die Nägelmale sehe und lege meinen Finger in die Nägelmale und lege meine Hand in seine Seite, kann ich’s nicht glauben.
Und nach acht Tagen waren seine Jünger abermals drinnen, und Thomas war bei ihnen. Kommt Jesus, als die Türen verschlossen waren, und tritt mitten unter sie und spricht: Friede sei mit euch! Danach spricht er zu Thomas: Reiche deinen Finger her und sieh meine Hände, und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! Thomas antwortete und sprach zu ihm: Mein Herr und mein Gott! Spricht Jesus zu ihm: Weil du mich gesehen hast, darum glaubst du? Selig sind, die nicht sehen und doch glauben!“
Wie Thomas seinWie wunderbar wäre das, wenn wir erleben könnten, was die Jünger erlebt haben. Dass Jesus durch die verschlossene Tür kommt und uns zeigt, dass er wirklich auferstanden ist. Und wenn schon nicht das, wie wunderbar wäre das, wenn wir erleben könnten, was Thomas erlebt hat. Wie wunderbar wäre das, wenn wir einen Beweis dafür hätten, dass Jesus für uns gestorben und wieder auferstanden ist.
Wie oft geht es uns wie Thomas in dieser Geschichte. Dass wir ungläubig sind. Oder vielleicht auch kleingläubig. Dass wir gerne Beweise hätten, dass wir selbst die Nägelmale sehen und fühlen, damit wir anschließend wieder hinaus in die Welt gehen, aufrecht und mit dem Wissen, dass das, was wir glauben, wahr ist. Dass Jesus tatsächlich auferstanden ist und wir zurecht an ihn glauben und daran, dass er uns gerettet hat. Ein für alle Mal.
Wissen. Sicherheiten. Augenzeugenschaft. Wie die Jünger damals. Dann wäre alles leichter. Was für ein Glück wäre das, wenn wir den Zweiflern sagen könnten: „Ich hab ihn selbst gesehen. Er ist auferstanden.“ „Was ich glaube, das ist wahr, ich habe Jesus ja mit eigenen Augen gesehen. Da kannst du sagen, was du willst und mich für dumm halten.“
Die Gewissheit. Die hätten wir gerne. In unserem Alltag ist das oft das, was zählt. Was wir nicht selbst gesehen haben, das gibt es nicht. Was wir nicht selbst geprüft haben, das kann nicht funktionieren. Aber um Wissen, Sehen, Prüfen geht es nicht im Glauben. Und das sagt Jesus Thomas und den anderen auch auf den Kopf zu:
„Selig sind, die nicht sehen und doch glauben!“
Nicht sehen und dennoch glauben und hoffenKinder sind so. bzw. können so sein. Glauben, auch wenn sie nicht sehen. Hoffen, auch wenn es aussichtslos scheint. Emil zum Beispiel, dem Unrecht getan wurde, der bestohlen wurde, hofft darauf, dass sie den Dieb finden und er sein Geld zurückbekommt. Dass wieder Recht herrscht. Auch, wenn es zwischendrin ziemlich aussichtslos scheint. Pünktchen will Anton helfen, auch wenn es ausweglos scheint. Und auch Luise und Lotte hoffen, dass alles wieder gut wird, auch wenn sie in einer so wichtigen Frage wie ihrer Herkunft belogen wurden.
Darum passen Erich Kästner und seine Geschichten heute auch. Erich Kästners Helden sind keine Helden im klassischen Sinn. Emil, Pony Hütchen, Gustav mit der Hupe, Pünktchen, Anton und Luise sind Kinder, die sich auf ihr Leben einlassen und versuchen, etwas zu verändern. Die vertrauen, hoffen, mutig sind.
Thomas konnte das nicht. Er war ungläubig, kritisch, misstrauisch. Wollte und musste mit eigenen Augen sehen, was andere ihm erzählt haben. Konnte nicht vertrauen, nicht glauben, nicht zuversichtlich sein. Da ist er uns doch oft nah. Auch, wenn wir wissen, dass wir sein sollten, wie die Kinder, so ist unser Erwachsenen-Ich uns doch oft im Weg. Wir wissen einfach auch um viele Gefahren, die lauern. Von Lügen, die so echt daherkommen. Von Vertrauen, das missbraucht wird. Von Zukunftsversprechen, die nicht gehalten werden. Viele Erfahrungen prägen uns. Positive, aber oft überwiegen leider die Negativen. Auch Kinder machen solche Erfahrungen. Aber sie gehen damit unbedarfter um. Nach einem Sturz stehen sie auf, freuen sich, dass da einer ist, der pustet oder verspricht, dass alles gut ist, und sie gehen weiter. Sie erleben sicherlich Erwachsene oft als unzuverlässig. Aber das vergessen sie schnell und leben im schönen Moment.
Auch wenn wir fallen, uns in Schlechtes verstricken, unzuverlässig sind, andere enttäuschen, unseren Glauben und damit Jesus aus dem Blick verlieren, wollen wir uns darauf verlassen, dass Gott uns aufhilft, uns aufrichtet und nicht einfach liegen lässt. Gott vergibt uns, wo wir schuldig geworden sind, und so dürfen und sollen wir auch im schönen Moment leben. Im Aufsehen und Vertrauen auf Jesus. Unseren Christus. Er enttäuscht uns nicht. Er verletzt uns nicht. Er gibt keine falschen Versprechen. Mit ihm haben wir eine Zukunft. Das steht fest. Das hat er im Leiden und Sterben versprochen und mit seiner Auferstehung ist es wahr geworden.
Neu geboren in ChristusWeil wir darauf vertrauen, dass Christus da ist, können wir über manches Schwere hinwegsehen oder es mit seiner Hilfe durchstehen. Weil wir darauf vertrauen, dass er da ist, können wir positiv in die Zukunft sehen, auch wenn sie uns Angst macht. Weil wir darauf vertrauen, dass er da ist, können wir nach einem Sturz, ganz gleich ob beruflich oder privat, wieder aufstehen und weitergehen. Weil wir darauf vertrauen, dass er da ist, können wir glauben, auch wenn wir nicht sehen. Ohne zu sehen können wir selig sein. Und das können wir am besten als „Neugeborene“. Neugeboren in Christus, der uns neues Leben schenkt und uns von altem löst. In ihm dürfen wir unverbraucht, jung, frisch sein. Gleich wie alt wir tatsächlich sind. Eben wie die Kinder.
Erich Kästner hat das in seinen Büchern beschrieben: Da sind es die Kinder, die die Ordnung wieder herstellen, indem sie den Dieb fassen. Da sind es die Kinder, die die Eltern erziehen. Da sind es die Leser, die durch die Lektüre wieder zu Kindern werden sollen, denn die kindlichen Augen sehen viel mehr und oftmals die Wahrheit. Und dieses Kindliche hat auch sein Leben geprägt. Darin und in seiner Kritik am Krieg und der Gesellschaft, kann er uns Vorbild sein. Und darüber hinaus dürfen wir uns in unseren Thomas-Momenten an das Wichtigste erinnern: Wir sind Gottes geliebte Kinder und dürfen als solche auch leben: unbedarft, unbefangen, vertrauensvoll, unverstellt, sorgenfrei, zuversichtlich und voller Vorfreude auf die Zukunft.
Weil wir mit Jesus, unserem Retter, unserem Christus, die beste Zukunft vor uns haben. Wenn wir uns daran halten, dann leben wir, wie Jesus es uns wünscht: Selig sind, die nicht sehen und doch glauben!
Dass uns das gelingt, das schenke uns Gott, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Amen.
Predigt zum Herunterladen: Download starten (PDF-Format)