Pfingstsonntag (28. Mai 2023)

Autorin / Autor:
Pfarrerin Dorothee Beer, Altenburg [Dorothee.Beer@elkw.de]

1. Korinther 2,12-16

IntentionIch erkenne die Gedanken von Paulus in meinem Alltag wieder. Paulus spricht mir aus der Seele, wenn er den Geist der Welt und den Geist Gottes unterscheidet. Ermutigt und erneuert durch Gottes Geist, finden Menschen Glauben. Ich erinnere mich daran, dass das Pfingstwunder ein Geschenk ist. Ich empfehle den alltagsnahen Text der Basisbibel.

Liebe Gemeinde,
kleine Kinder sind fasziniert von allem, was sich bewegt. Bunte Mobiles hängen über dem Bett oder im Kinderzimmer. Es wackelt, es dreht sich. So zieht es Aufmerksamkeit auf sich.
Am Pfingstsonntag steht der Geist Gottes im Mittelpunkt. Der Geist wird sichtbar in allem, was sich dreht und bewegt: Windräder, bunte Bänder, oder auch ein Mobile. Wenn Paulus im heutigen Predigttext vom Geist spricht, unterscheidet er den Geist dieser Welt und den Geist, den Gott selbst uns schickt.
Ich lese aus dem 1. Korintherbrief im Kapitel 2 die Verse 12 bis 16 in der Übersetzung der Basisbibel:

„Wir haben aber nicht den Geist dieser Welt empfangen, sondern den Geist, den Gott selbst uns schickt. So können wir erkennen, was Gott uns geschenkt hat. Davon reden wir nicht in Worten, wie sie die menschliche Weisheit lehrt. Sondern wir reden in Worten, die der Geist Gottes lehrt. Mit seinen Worten erklären wir, was er selbst uns offenbart. Der Mensch nimmt mit seinen natürlichen Fähigkeiten nicht das an, was vom Geist Gottes kommt. Er hält es für Dummheit und kann damit nichts anfangen. Denn nur mithilfe des Heiligen Geistes kann es richtig eingeschätzt werden. Aber ein von Gottes Geist erfüllter Mensch kann das alles richtig einschätzen. Dabei kann sich kein anderer ein Urteil über ihn anmaßen. Denn wer kann feststellen, was der Herr im Sinn hat, und ihn beraten? Aber was wir im Sinn haben, das kommt von Christus her.“

Zugegebenermaßen nüchtern spricht Paulus vom ersten Pfingstwunder. Nüchternheit oder Ernüchterung? So wie Paulus von dem Wunder spricht, entspricht es meiner Erfahrung, die ich im Leben immer wieder mache. Mir begegnen Menschen, die im Glauben leben und von ihm getragen sind. Und mir begegnen Menschen, die vom Glauben scheinbar unerreicht sind. Die sich als „religiös unmusikalisch“ (Max Weber) bezeichnen würden. So gesehen spricht mir Paulus aus der Seele. In der Berufsschule passiert es oft, dass Schülerinnen und Schüler mir sagen: „Ich kann nichts zum Gottesbild sagen, weil ich nicht an Gott glaube.“ Sie sind offenbar unsicher, sie wollen Abstand halten zu den Inhalten, die ihnen nicht vertraut sind. Mich macht es traurig, dass sich offenbar eine Verhältnislosigkeit zum Glauben ausbreitet. Paulus benennt ein Phänomen, das ich beobachte und in meinem Alltag erlebe. Paulus bleibt vollkommen fair. Er urteilt nicht über andere Menschen.

Gottes Geist entlastetNur mit dem Geist Gottes kann ich erkennen, was mir Gott schenkt. Ich brauche als Werkzeug diese Brille des Geistes Gottes, sonst kann ich es nicht erkennen. Meine menschlichen Fähigkeiten bringen mich nicht ans Ziel. Ich werde entlastet, denn ich kann nicht über den Geist Gottes verfügen. Ich kann vom Glauben reden, aber ich kann andere Menschen nicht über-reden.
Gottes Geist ermutigt
Wen der Geist Gottes erreicht, der „kann das alles richtig einschätzen“ (V. 15). Wer vom Geist Gottes erfüllt ist, sieht klarer, wie durch eine Brille. Ich erkenne die Konturen. Ich kann unterscheiden. Das ermutigt mich, im Glauben durch das Leben zu gehen. Er sagt mir, dass ich nicht alleine unterwegs bin. Das ist ein Geschenk.

Gottes Geist erneuertPaulus schreibt, wir Christen reden mit den Worten des Geistes Gottes. Mit diesen Worten spreche ich über das, was beim ersten Pfingstfest geschehen ist. Ich erinnere mich und erneuere die Erinnerung. Niemand von uns war dabei. Anders als in Beziehungen in einer Partnerschaft kann ich nicht den ersten Anfang beschwören und immer wieder lebendig werden lassen. Auch dadurch bin ich auf den Geist Gottes verwiesen. Menschen haben im Geist Gottes das erste Pfingsten erlebt. Sie haben davon im Geist Gottes erzählt. Heute erzählen wir die Geschichte weiter. Im Geist Gottes.

Das erste PfingstenDas Beziehungsgeflecht der Menschen von damals bis heute ist wichtig, um den Geist Gottes zu spüren und etwas über ihn zu erfahren. Aus der ersten Pfingstgeschichte ziehe ich Kraft. Wichtig ist mir:
Menschen haben einander verstanden. Jeder und jede konnte seine eigene Sprache sprechen, und doch gab es ein Verständnis, das über die Muttersprache hinaus möglich war. Wenn ich an Menschen denke, die heute leben, dann macht es mir Mut. Denn es heißt, über alle Grenzen, Prägungen und Unterschiede hinweg ist Verständnis möglich.
Das bewirkt der Heilige Geist, und den kann ich nicht erzwingen. Ich spüre ihn da, wo Menschen im Glauben zusammenkommen. Zum Beispiel bei der Vollversammlung des ökumenischen Rats der Kirchen im vergangenen Jahr in Karlsruhe. Da erlebe ich im Gottesdienst, dass Menschen in ihrer Muttersprache beten. In verschiedenen Sprachen und doch gemeinsam.
So habe ich es auch erlebt, als ich auf einer Auslandreise in Mosambik war und die Gemeinde dort ein freies Gebet anstimmte. Auf einmal war ein Schwirren im Raum. Jeder betete auf seine Weise. In solchen Momenten wird für mich der Geist Gottes spürbar.
Ich denke auch an meine Auslandszeit in der Partnerkirche in Montbéliard. Ungewohnt in unseren Augen: In vielen Kirchen bröckelt der Putz von der Wand ab. Ein kleines Alpenveilchen ziert den Altar an Stelle von großen Blumensträußen. Eine kleine Menschenschar besucht den Sonntagsgottesdienst. Wenn wir aber vereint sind im Gesang und im Gebet, dann ist der Geist Gottes für mich erlebbar. Denn dann erinnere ich mich an den eigenen Anfang im Glauben.

Pfingsten als DynamoDas erste Pfingstfest in Jerusalem ist für viele Menschen heute immer noch wie ein Antreiber, wie ein Dynamo. Im Bild des Mobiles, das kleine Kinder fasziniert: Der erste Anfang ist gesetzt. Ich bin mit ihm verbunden. Alle Bewegungen, die entstehen, setzen sich fort. Wenn ich über das Pfingstwunder spreche, dann wird es lebendig. Dass das Pfingstwunder geschehen ist, macht meinen Glauben lebendig: ich weiß, ich bin nicht allein. Ich kann mit anderen so sprechen, dass wir uns gegenseitig verstehen. Ich bin getragen von Gottes Liebe und gebe sie weiter.
Amen.

Gestaltungsvorschlag: Erzählen der Pfingstgeschichte je nach Gottesdienst als Bibliolog im Gottesdienst mit Erwachsenen und Jugendlichen, oder als Geschichte aus der Kinderbibel oder als Kamishibai (Bilderbuchtheater) im Familiengottesdienst.

Predigt zum Herunterladen: Download starten (PDF-Format)