Ostermontag (22. April 2019)

Autorin / Autor:
Kirchenrat i.R. Dr. Werner Schmückle, Korntal [Werner.Schmueckle@arcor.de]

Jesaja 25, 6-9

(6) Und der HERR Zebaoth wird auf diesem Berge allen Völkern ein fettes Mahl machen, ein Mahl von reinem Wein, von Fett, von Mark, von Wein, darin keine Hefe ist.
(7) Und er wird auf diesem Berge die Hülle wegnehmen, mit der alle Völker verhüllt sind, und die Decke, mit der alle Heiden zugedeckt sind.
(8) Er wird den Tod verschlingen auf ewig. Und Gott der HERR wird die Tränen von allen Angesichtern abwischen und wird aufheben die Schmach seines Volks in allen Landen; denn der HERR hat’s gesagt.
(9) Zu der Zeit wird man sagen: „Siehe, das ist unser Gott, auf den wir hofften, dass er uns helfe. Das ist der HERR, auf den wir hofften, lasst uns jubeln und fröhlich sein über sein Heil.“

IntentionDie Predigt entfaltet die eindrückliche Zukunftsvision des Propheten Jesaja unter dem Stichwort „Alles wird gut“. Nicht weil Menschen das leichtfertig dahinsagen, sondern weil Gott handelt. Ostern macht uns diese Zukunft gewiss.

Liebe Gemeinde!
„Wie geht’s?“ – „Alles gut“, so habe ich es neulich bei der Begegnung von zwei jungen Leuten gehört.

Wird Alles gut?In einer Zeitschrift war zu lesen: „Ich weiß nicht, ob Sie es schon bemerkt haben: In Deutschland ist die Alles-gut-Epidemie ausgebrochen.“(1)
Man erweckt mit dem „Alles gut“ den Eindruck, alles im Griff zu haben.
Manche Songs der letzten Jahre vermitteln diesen Eindruck. Da heißt es:
„Denn morgen ist ein neuer Tag,
hör einfach auf dein Herz und versuch‘s.
Aber glaub mir: Alles wird gut.
Alles wird gut, Mann, du schaffst das schon.“(2)
Und in einem anderen Song:
„Was auch immer geschieht, hat 'nen Sinn.
Jeder Schritt führt dich irgendwo hin.
Drum verlier nicht den Mut.
Denn alles wird gut.
Was das Schicksal auch tut, verlier nie den Mut:
Denn alles wird gut.“(3)
„Alles wird gut“ – das könnte auch als Überschrift über unseren Predigttext stehen.
Aber nicht, weil wir auf die eigenen Kräfte oder auf ein freundliches Schicksal vertrauen könnten, sondern weil Gott handelt.
„Denn der Herr hat’s gesagt“, betont der Prophet Jesaja und malt uns eine faszinierende Zukunftsvision vor Augen.

Alles wird gut – die Zukunftsvision des ProphetenWas wird alles gut?
Zuerst: Gott lädt die Völker zu einem gigantischen Festmahl auf dem Berg Zion ein.
So wie heute junge Paare bei ihrem Hochzeitsfest nicht sparen wollen, sondern alles aufbieten, so spart auch Gott nicht.
Die feinsten Speisen, die man sich damals vorstellen kann, werden aufgeboten:
In wertvollem Olivenöl gebratene Fleischstücke, triefend vor Fett und damit besonders nahrhaft, Mark als das Beste vom Besten, als feinste Delikatesse und edler Wein.
Mag sein, dass für uns die Aussicht auf fette Speisen nicht besonders verlockend erscheint. In Zeiten aber, in denen Mangel herrscht, ist das anders. Meine Mutter hat immer wieder erzählt, dass sie in der Nachkriegszeit für die Aussicht auf ein Butterbrot, an dem beim Abbeißen der Abdruck der Zähne zu sehen war, einen weiten Fußmarsch gerne auf sich genommen hat.
Völker, die vorher Krieg gegeneinander geführt haben, werden gemeinsam essen.
Wo man miteinander isst, da kehrt der Friede ein.
„Gott lädt uns ein zu seinem Fest, lasst uns gehen, und es allen sagen, die wir auf dem Wege sehn“ – hat Manfred Siebald in einem Lied gedichtet.
Und dann: Gott nimmt die Hülle weg, mit der die Völker verhüllt sind, er nimmt die Decke weg, mit der die Nationen zugedeckt sind. Ja, er verschlingt sie.
Die Decke gilt im Alten Testament als Symbol der Trauer und des Leids.
Vom Leichentuch spricht eine neue Übersetzung.
Wir spüren die Realität dieser Trauerhülle und dieses Leichentuchs in unserer Zeit.
Terroranschläge stürzen ganze Völker in tiefe Trauer.
Die Anschläge in Christchurch in Neuseeland und in Utrecht sind in frischer Erinnerung.
Hunger und Krieg bedrohen die Menschen und treiben sie aus ihrer Heimat fort.
All das wird ein Ende haben, von Gott selbst verschlungen werden.
Eine andere Auslegung sieht die Decke als Zeichen der Ratlosigkeit und Orientierungslosigkeit, als Ausdruck der Trennung des Menschen von Gott.
Beides gehört wohl zusammen.
Wenn Menschen Gottes Wirklichkeit, Gottes Liebe und seine Fürsorge erkennen, dann wird ihr Leben heil.
Und dann der Tod. Auch er wird von Gott verschlungen.
Zum Bereich des Todes zählt im Alten Testament alles, was das Leben schwer und eng macht, alles, was die Beziehung zu anderen Menschen und zu Gott zerstört.
Der Apostel Paulus nennt den Tod den letzten Feind des Menschen.
Einen Feind, weil er das Band der Liebe zwischen Menschen zerstört, allen gemeinsamen Zukunftsplänen ein Ende setzt und Menschen in tiefe Verzweiflung stürzt.
Das Sterben und der Verlust von geliebten Menschen gehört zu unserem Leben.
„Ich elender Mensch! Wer wird mich erlösen von diesem Leib des Todes?“ – klagt der Apostel Paulus.
Was für eine Zukunftsaussicht, wenn Gott selbst diesen letzten Feind verschlingt und besiegt!
Dann wird Gott selber alle Tränen von den Gesichtern der Menschen abwischen.
Doch schon heute wird Gott zum Seelsorger und zum Tröster.
Er wendet sich voll Liebe denen zu, die Trost nötig haben.
Wer von uns braucht nicht solchen Trost.
Der, der Angst vor der Zukunft hat braucht ihn genauso wie der Einsame, um den sich niemand kümmert.
Der Ehemann, der seine Frau hat hergeben müssen und die Eltern, die ihr Kind verloren haben, brauchen Trost.
Und die Frau, der die Schmerzen ihrer Krankheit die Ruhe rauben, so dass sie nicht weiß, wie sie die Nacht herumbringen soll.
Alle diese Menschen brauchen Trost.
Und nicht nur sie. Alle Menschen brauchen Trost.
Das deutsche Wort Trost hängt mit Vertrauen zusammen. „Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben?“, lautet die erste Frage des Heidelberger Katechismus.
Trost ist, was ein Leben hält und trägt. Darauf hinzuweisen war den Reformatoren wichtig.
Gott schenkt Trost. In väterlicher und mütterlicher Liebe wischt er die Tränen ab.
Und schließlich wird Gott selbst die Schmach seines Volkes auf der ganzen Erde aufheben.
Das gilt zunächst für sein Volk Israel, das im Lauf seiner Geschichte Vertreibung, Verfolgung und Vernichtung erlebt hat.
Es gilt aber auch für die Brüder und Schwestern, die um ihres christlichen Glaubens willen Verfolgung, Benachteiligung und das Martyrium erleiden.
Und das alles mündet ein in das Lob Gottes, in die Freude über sein Heil, in das Bekenntnis: „Siehe, das ist unser Gott, auf den wir hofften, dass er uns helfe.“
Ein grandioses Bild der Hoffnung stellt uns der Prophet Jesaja vor Augen.
Alles wird gut!
Aber: Sind da nicht mit dem Propheten die eigenen Sehnsüchte und Träume durchgegangen?
Zerplatzen diese Träume nicht wie Seifenblasen angesichts der Realität dieser Welt?
Zu schön, um wahr zu sein?

Alles wird gut – weil Gott an Ostern den Anfang gemacht hatManfred Siebald fragt in seinem Lied: „Können wir jetzt schon singen und feiern? Hat sich schon was getan?“
Und die Antwort lautet: Ja!
Ja, denn es ist Ostern geworden.
Jesus Christus ist auferstanden und hat die Macht des Todes besiegt.
Er verspricht uns: „Ich lebe und ihr sollt auch leben!“
Wir müssen noch sterben und geliebte Menschen hergeben.
Aber Jesus schenkt uns das Leben neu, ewiges Leben in der Geborgenheit bei Gott.
Die Osterlieder unseres Gesangbuchs singen von diesem Sieg als dem Grund der Osterfreude.
„Wir danken dir, Herr Jesu Christ, dass du vom Tod erstanden bist und hast dem Tod zerstört sein Macht und uns zum Leben wiederbracht.“ (EG 107)
Und: „Jesus lebt, mit ihm auch ich, Tod, wo sind nun deine Schrecken… Jesus lebt! Nun ist der Tod mir der Eingang in das Leben.“ (EG 115)

Alles wird gut – weil Gott hält, was er verspricht
Ostern ist der Anfang und Brief und Siegel, dass Gott hält, was er verspricht.
Das Zukunftsbild des Propheten Jesaja wird neu aufgenommen im letzten Buch der Bibel:
„Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden seine Völker sein, und er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein; und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen.“ (Offb 21,3-4)
Ja, alles wird gut, weil Gott handelt und zum Ziel bringt, was er an Ostern begonnen hat. Amen.

Anmerkungen
1 https://www.brigitte.de/leben/kultur/lifestyle/sprache---alles-gut------alles-gut---warum-sagen-wir-das-staendig--10226894.html. Zuletzt aufgerufen am 25.03.2019.
2 https://genius.com/Bushido-alles-wird-gut-lyrics. Zuletzt aufgerufen am 25.03.2019.
3 https://www.musixmatch.com/de/songtext/Hubertus-von-Garnier/Alles-wird-gut-I-Only-See-You Zuletzt aufgerufen am 25.03.2019.

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