Epiphanias (06. Januar 2024)
1. Könige 10,1-13
IntentionMit der Königin von Saba besucht eine ausländische Frau König Salomo. Gerade diese unerwartete Person erkennt Gott. Das ermuntert zum Besuchen.
Besuch: zwischen Weihnachtsstress und WeihnachtsfreudeLiebe Gemeinde, Advent, Weihnachtszeit und Jahreswechsel sind Zeiten der Besuche. Man besucht sich in der Familie. Kinder kommen aus ihren Studien- oder Arbeitsorten zurück nach Hause und besuchen ihre Freunde in der alten Heimat. Man ist in der Nachbarschaft unterwegs, sei es zum Krankenbesuch bei einer Bekannten oder zum schwäbischen Christbaumloben. Mehr als zu manch anderer Zeit im Jahr sind wir unterwegs, bekommen Besuch oder werden selbst zur Besucherin oder zum Besucher.
Und jeder Mensch empfindet da anders. Spätestens bei der Weihnachtsplanung in der Familie wird das offenbar: Eine will gerne alle beisammen haben, bewirten und behausen, ein anderer hätte lieber seine Ruhe. Er sehnt sich schon nach den ruhigeren Tagen Mitte Januar, wenn die Besuchsdichte wieder abnimmt. Beides ist eben wahr: Besuche können herausfordernd sein, und Besuche können bereichern.
Auch in unserem heutigen Predigttext geht es um einen Besuch, um einen königlichen Besuch: Der jüdische König Salomo in Jerusalem, bekannt als der weiseste Mann seiner Zeit, bekommt Besuch von der Königin aus Saba, einem Königreich, das ungefähr an der Stelle des heutigen Jemen liegt.
Predigttext„Und als die Königin von Saba die Kunde von Salomo vernahm, kam sie, um Salomo mit Rätselfragen zu prüfen. Und sie kam nach Jerusalem mit sehr großem Gefolge, mit Kamelen, die Spezerei trugen und viel Gold und Edelsteine. Und als sie zum König Salomo kam, redete sie mit ihm alles, was sie sich vorgenommen hatte. Und Salomo gab ihr Antwort auf alles, und es war dem König nichts verborgen, was er ihr nicht hätte sagen können.
Da aber die Königin von Saba alle Weisheit Salomos sah und das Haus, das er gebaut hatte, und die Speisen für seinen Tisch und die Sitzordnung seiner Großen und das Aufwarten seiner Diener und ihre Kleider und seine Mundschenken und seine Brandopfer, die er in dem Hause des HERRN opferte, stockte ihr der Atem, und sie sprach zum König: Es ist wahr, was ich in meinem Lande gehört habe von deinen Taten und von deiner Weisheit. Und ich hab’s nicht glauben wollen, bis ich gekommen bin und es mit eigenen Augen gesehen habe. Und siehe, nicht die Hälfte hat man mir gesagt. Du hast mehr Weisheit und Güter, als die Kunde sagte, die ich vernommen habe. Glücklich sind deine Männer und deine Großen, die allezeit vor dir stehen und deine Weisheit hören. Gelobt sei der HERR, dein Gott, der an dir Wohlgefallen hat, sodass er dich auf den Thron Israels gesetzt hat! Weil der HERR Israel lieb hat ewiglich, hat er dich zum König gesetzt, dass du Recht und Gerechtigkeit übst. Und sie gab dem König hundertzwanzig Zentner Gold und sehr viel Spezerei und Edelsteine. Es kam nie mehr so viel Spezerei ins Land, wie die Königin von Saba dem König Salomo gab.
Auch brachten die Schiffe Hirams, die Gold aus Ofir einführten, sehr viel Sandelholz und Edelsteine. Und der König ließ Schnitzarbeiten machen aus dem Sandelholz im Hause des HERRN und im Hause des Königs und Harfen und Zithern für die Sänger. Es kam nie mehr so viel Sandelholz ins Land, wurde auch nicht gesehen bis auf diesen Tag. Und der König Salomo gab der Königin von Saba alles, was ihr gefiel und was sie erbat, außer dem, was er ihr von sich aus gab. Und sie wandte sich und zog in ihr Land mit ihrem Gefolge.“
Die Akteure: zwei gelangweilte Superreiche?Eigentlich eine ereignisarme Geschichte. Doch der Besuch der Königin von Saba bei König Salomo in Jerusalem hat eine umfangreiche Wirkung in Religion und Kunst erfahren. Viele Menschen haben diese Begegnung in Bildern oder Musikstücken ausgedrückt oder mit ihren Worten beschrieben. Was hat es mit dieser Begegnung auf sich?
Schon beim ersten Hören fällt der ungeheure Reichtum der Akteure auf. Die Geschenke, mit denen die Königin den König überhäuft, sind enorm. Nehmen wir nur das Gold: Hundertzwanzig Zentner, das entspräche beim derzeitigen Goldpreis einem Wert von über 700 Millionen Euro. Eine unvorstellbare Summe. Dazu kommen viele Güter, die sich exotisch anhören: Sandelholz und Spezerei. Gar nicht erwähnt wird die Ressource, welche die Königin vermutlich am meisten beisteuern konnte. Denn Saba war vor allem für die Produktion eines Rohstoffes bekannt, den wir auch aus der Weihnachtsgeschichte kennen: Weihrauch. Dieser wurde in der Antike unter anderem als Rauschmittel sehr geschätzt. Durch den Verkauf von Weihrauch war Saba zu enormem Reichtum gekommen.
Vielleicht wundert Sie all dieser Reichtum und Prunk beim Hören. Handelt es sich hier schlicht um zwei antike Superreiche, die sich an ihrem Reichtum erfreuen? Geht es in unserer Religion nicht um Gottes Zuwendung zu Armen und Unterstützungsbedürftigen? Reichtum ist schließlich keine christliche Tugend, oder?
Reichtum und GeschenkeDas stimmt, und doch kann Reichtum vor allem im Alten Testament auch als Ausdruck von Weisheit hoch geschätzt werden. Und das ist ja auch nicht ganz falsch, denn wer weise wirtschaftet, wird tatsächlich manchmal reich. Das Entscheidende ist aber die Gerechtigkeit, die der Reiche mit seinem Wissen und seinen Gütern ausübt. Unsere Geschichte ist darum kein Aufruf, viele Güter anzuhäufen oder sich mit materiellen Geschenken zu überhäufen.
Aber die Geschenke spielen doch eine wichtige Rolle. Damals wie heute. Wir haben es ja soeben erst erlebt: Die Geschenke unter dem Christbaum. Große Kinderaugen. Die Freude beim Aufreißen des Geschenkpapiers. Diesem kurzen Moment am Heiligabend gehen manchmal viele Stunden der Überlegung voraus: „Worüber würde sie sich freuen?“ „Womit kann ich ihm meine Zuneigung zeigen?“ Bestimmt wird auch bei uns manchmal alles zu uferlos, und weniger Geschenke würden ihren Zweck mehr als ausreichend erfüllen. Andererseits sind Geschenke wichtig für unser Miteinander. Denn dass wir einander wichtig sind, dass wir einander liebhaben und den anderen wertschätzen, dass lässt sich mit einem Geschenk auf besondere Weise zeigen.
Was macht diesen Besuch so besonders?Was macht die Königin von Saba nun so besonders, dass sie es mit ihren vielen Geschenken in die Bibel geschafft hat? Was war es, das sie mit ihren Geschenken zum Ausdruck brachte?
Entscheidend ist hierfür der Satz: „Gelobt sei der HERR, dein Gott, der an dir Wohlgefallen hat, sodass er dich auf den Thron Israels gesetzt hat! Weil der HERR Israel lieb hat ewiglich, hat er dich zum König gesetzt, dass du Recht und Gerechtigkeit übst.“ Die Königin von Saba erkennt in Salomos Weisheit, Reichtum und in seinem wohlgeordneten Königshof, dass Gott etwas Gutes mit Salomo vorhat. Gott hat sein Volk lieb, sagt sie, und Gott will, dass der König weise und gerecht über Israel regiert. Die Königin aus Saba beschenkt Salomo, weil sie in ihm etwas von Gott erkennt. Ganz ähnlich wie die Weisen aus dem Morgenland, oft als heilige drei Könige bezeichnet, die Jesus an der Krippe beschenken. Auch sie erkennen in dem kleinen Kind in der Krippe etwas von Gott.
Beide Geschichten zeigen: Wenn man Gott erkannt hat, dann möchte man ihn beschenken. Das Entscheidende ist also nicht der Reichtum, nicht „was“ wir geben können; sondern entscheidend ist derjenige, den wir beschenken wollen, also „wem“ wir etwas geben. Zuerst geht es um den Beschenkten, danach erst um das Geschenk.
Die Königin von Saba erkannte Gott und konnte daraufhin nicht anders, als aus vollem Herzen zu schenken. Sie erkannte Gott in der Weisheit und guten Regierung Salomos. Wo erkennen wir Gott? Wo tritt er uns so entgegen? Vielleicht ja gerade dort, wo wir gerne etwas hergeben? Im Geschenk an den alten Freund? In der Spende an ein Hilfsprojekt?
Besuch aus und in der Fremde: Herausforderung und ChanceZu Beginn sprachen wir von Besuch. Manchmal ist er herausfordernd, manchmal schön. Das führt uns zu einem letzten Punkt: Die Königin von Saba war eine Ausländerin. Sie war keine enge Bekannte, gehörte nicht dem Volk Israel und nicht der jüdischen Religion an. Doch sie ist in unserer Geschichte die Einzige, die den Namen Gottes in den Mund nimmt und ihn preist. Wenn man so will, ist sie, eine Frau und Ausländerin, die Heldin dieser Geschichte. Oft genug erleben wir es in unseren Tagen, dass Besuch aus anderen Ländern nicht gern gesehen ist. Diplomaten verlassen Länder, Vorurteile prägen Schlagzeilen und Denken. Dass das Besuchen anderer Länder und der Besuch von ausländischen Menschen bei uns eine Bereicherung sein kann, fällt dabei schnell unter den Tisch. Doch unsere Geschichte zeigt auf schöne Weise zweierlei. Aus der Sicht von Salomo: Der unerwartete Besuch aus der Fremde kann einem manchmal die eigenen Werte neu und strahlend vor Augen führen und einen wahrhaft reich beschenken. Und aus der Sicht der Königin von Saba: Es lohnt sich, fremde Orte zu besuchen, denn dort kann man unerwartet Gott begegnen. Machen wir uns also auf: Lassen wir uns besuchen und besuchen wir einander. Amen.
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