Christnacht (24. Dezember 2024)
1. Timotheus 3,16
IntentionDas Geheimnis der Inkarnation löst Erstaunen aus. Der Mensch Jesus von Nazareth ist nicht nur er selbst; er steht zugleich für Gott. Immer wieder von neuem entdecken wir das große „Geheimnis des Glaubens“.
"Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids." (Lukas 2,10.11)
Liebe Mitchristinnen und Mitchristen, Schwestern und Brüder,
noch einmal sind wir beieinander zu später Stunde in dieser Christnacht. Manche haben den Heiligabend-Gottesdienst mitgefeiert, sind dann heimgegangen, um im häuslichen Kreis Weihnachten zu feiern, aber es hat Sie nicht dort gehalten. Sie wollen die besondere Atmosphäre des (mitter)-nächtlichen Gottesdienstes erleben, ja vielleicht auch genießen. Warum soll man einen Gottesdienst nicht auch genießen dürfen, zumal an Weihnachten. Soll er uns nicht erbauen, trösten und stärken auf der nächsten Etappe unseres Weges? Dafür sind wir besonders empfänglich in der Heiligen Nacht.
Geheimnis des GlaubensEin Vers aus dem 1. Timotheusbrief will uns dazu eine Anleitung und Hilfe sein. Es sind feierliche und im besten Sinne erhebende Worte, die uns der Apostel zuruft. Ich lese
1. Timotheus 3, Vers 16:
„Groß ist, wie jedermann bekennen muss, das Geheimnis des Glaubens: Er ist offenbart im Fleisch, gerechtfertigt im Geist, erschienen den Engeln, gepredigt den Heiden, geglaubt in der Welt, aufgenommen in die Herrlichkeit.“
„Groß ist das Geheimnis des Glaubens.“ Es geht um ein Mysterium. Wohlgemerkt: Nicht Rätselraten ist angesagt, wenn es um den Glauben geht. Da findet sich nicht irgendwo eine Lösung für alle Probleme unseres Lebens, wenn wir nur irgendwie „auf den Trichter“ kommen für den Lösungsweg. Nein! Wenn es um den Glauben geht, sind wir einem Geheimnis auf der Spur, und dieses Geheimnis gilt es zu wahren. Immer tiefer sollen wir in dieses Geheimnis eindringen.
Worin besteht nun dieses Geheimnis? Und es sei nicht vergessen, dass es um ein großes Geheimnis geht!
Der Mensch JesusDie erste Überraschung ist: Es geht da um eine Person. „Er“, heißt es, ist offenbart im Fleisch. Wer ist „Er“?
Der Zusammenhang, in dem unser Predigttext steht, macht es deutlich. Da ist von Jesus Christus die Rede, der unsere Hoffnung ist in Zeit und Ewigkeit. Ein Mensch also steht im Zentrum des Glaubensgeheimnisses: Jesus von Nazareth, Er, dessen Geburt wir heute feiern. Und was ist daran geheimnisvoll? Das Drum und Dran gewiss – das ist ja durchaus geheimnisvoll: die Ankündigung seiner Geburt durch den Engel Gabriel; das Überschattet-Werden seiner Mutter Maria durch den Heiligen Geist; die Geburt in einem Stall in Bethlehem; die Engelserscheinung bei den Hirten auf dem Feld und ihr Gottesjubel – durchaus geheimnis-voll, das Drum und Dran. Aber das eigentliche Geheimnis liegt tiefer, viel tiefer. Und das ist die zweite Überraschung:
In Jesus ist GottDieser Mensch, Jesus von Nazareth, ist eine Offenbarung. Was soll das heißen? Jesus ist nicht nur er selbst. Er steht zugleich für Gott. In ihm offenbart sich Gott. „Er ist offenbart im Fleisch“ heißt es in unserem Predigttext. Im Weihnachtslied singen wir: „Gott wird Mensch dir, Mensch, zugute, Gottes Kind, das verbind’t sich mit unserm Blute.“
Unfassliches geschieht da: Der große Gott, der Schöpfer des Himmels und der Erde, er, den kein Mensch je sehen konnte – nicht einmal Mose, dem sich Gott auf dem Berg Sinai offenbart hat, durfte ihn von Angesicht sehen – dieser große Gott lässt sich herab, lässt sich ganz herab auf unsere Ebene und wird – Mensch.
Und wenn wir ihn sehen, Jesus von Nazareth, sehen wir Gott selber. Jesus sagt einmal: „Wer mich sieht, der sieht den Vater.“ Ist das nicht ungeheuerlich und im wahrsten Sinne des Wortes nicht zu fassen!?
Gott als Mensch – darum geht es an Weihnachten. Das feiern wir in dieser Nacht, und des-halb ist es die Heilige Nacht. Denn heilig ist nur, was Gott geheiligt hat, weil es seinem Willen und Wesen ganz entspricht. Jesus, das ist der Kern unseres christlichen Glaubens, entspricht ganz und gar dem Willen und Wesen seines himmlischen Vaters. Darum heißt es in unserem Predigttext nicht nur: „Er ist offenbart im Fleisch“, sondern darüber hinaus und viel mehr noch: „Er ist gerechtfertigt im Geist“, das heißt: in ihm und durch ihn wirkt der Heilige Geist, den er in der Taufe empfangen hat. Sein ganzes Leben und Sterben bis hinein in seine Auferstehung von den Toten ist geistgewirkt, und wir dürfen es auf uns wirken lassen, gläubig, demütig, dankbar.
Noch einmal im Lied: „Das hat er alles uns getan, sein groß Lieb zu zeigen an. Des freu sich alle Christenheit und dank ihm des in Ewigkeit. Kyrieleis.“
Das Geheimnis des Glaubens entdecken„Groß ist das Geheimnis des Glaubens.“ Tief dringen wir ein in dieses Geheimnis. An Weih-nachten ganz besonders. Da ist alles beieinander: der Heilige Geist, die Engel, die Heiden in der Gestalt der heiligen drei Könige und die ganze Welt, wenn es von den Hirten heißt: „Als sie es aber gesehen hatten, breiteten sie das Wort aus, das zu ihnen von diesem Kinde gesagt war“, – geglaubt in der Welt.
Und zuletzt die Apotheose „aufgenommen in die Herrlichkeit“. Zum dritten Mal im Lied: „Sein Lauf kam vom Vater her und kehrt wieder zum Vater.“ Jesus, ein Mensch wie wir, und doch ganz der Vater; Jesus, die menschgewordene Liebe Gottes, die sich ganz hingegeben hat; Jesus, der Gekreuzigte und Auferstandene, den der Vater in seine Herrlichkeit aufgenommen hat – und auch das noch uns zugute; denn nur so kann er bei uns sein „alle Tage bis zur Vollendung der Welt“.
Wahren wir dieses Geheimnis.
Dringen wir immer tiefer ein.
Lassen wir uns davon anrühren.
Es ist Heilige Nacht. Amen.
Predigt zum Herunterladen: Download starten (PDF-Format)