8. Sonntag nach Trinitatis (21. Juli 2024)
Epheser 5,8b–14
IntentionWas will die Predigt? Den Sonntagmorgen-Gottesdienst mit dem Epheserbrief „zelebrieren“ mit einem Gottesdienst bewusst nur aus Morgenliedern. Beim Abendmahl kann als Entlasswort der Wochenspruch erklingen. „Wandelt als Kinder des Lichts, die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit.“ Die Predigt geht dem Bibeltext entlang, dabei werden die Werke der Finsternis den Früchten des Lichts gegenübergestellt und aktualisiert. Die Gemeinde soll sich als Kinder des Lichts angesprochen fühlen. Das Traditionsstück am Ende des Predigttexts weist auf den Segen hin. So schließt sich der Kreis für einen „runden Gottesdienst“ am Sonntagmorgen.
SonntagmorgenLiebe Gemeinde, „Schafft den Gottesdienst am Sonntagmorgen ab!“ Mit dieser plakativen Überschrift löste die Hildesheimer Pastorin und Kolumnistin der ZEIT Hanna Jacobs vor zwei Monaten eine Debatte in kirchlichen Medien aus. Viele Menschen, häufig Pfarrpersonen, meldeten sich in den Sozialen Netzwerken zu Wort. Viele waren empört und verärgert über den Artikel, nach dem Motto „wie kann sie nur“. Andere stimmten der Pastorin teilweise oder ganz zu. Ich finde es berechtigt, über den Sonntagmorgen-Gottesdienst und seine Bedeutung für uns als Gemeinde nachzudenken, zu prüfen, ob er inspiriert und befreit oder ob er sich eher knöchern anfühlt. Zu diskutieren, welche Art, Gott zu preisen und mit ihm als Gemeinde in Kontakt zu sein, heute angemessen ist.
Der Sonntagmorgen: Für viele ist es eine besondere Zeit. Selbst wenn nicht alle an dem Tag frei haben, man merkt doch, dass am Sonntagmorgen eine andere Stimmung auf der Straße ist. Ruhig. Vogelstimmen. Spaziergänger mit Vierbeinern. Frische Brötchen. Zeit, aufzutanken.
Anders als im Getriebe der Woche fällt mir am Sonntagmorgen ein, dass das Licht des neuen Tags immer ein Geschenk ist. Gottes tägliche Schöpfung. „All Morgen ist ganz frisch und neu.“ Im Gottesdienst am Sonntagmorgen kann ich den Morgen, das Licht, mein Aufstehen, ganz bewusst wahrnehmen. Wenn die Orgel das Morgenlied zum Klingen bringt. Wenn das Kirchenfenster im Osten in allen Farben strahlt.
Im heutigen Bibeltext geht es um das Licht und um Finsternis. Um den neuen Morgen nach dem bleiernen Schlaf. Wenn ich aus dem Epheserbrief im 5. Kapitel lese, gesellen wir uns unter die Hörerinnen und Hörer des Briefs und hören auf die Worte, als Kinder des Lichts.
Epheser 5,8b–14Wandelt als Kinder des Lichts;
die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit.
Prüft, was dem Herrn wohlgefällig ist,
und habt nicht Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis;
deckt sie vielmehr auf.
Denn was von ihnen heimlich getan wird, davon auch nur zu reden ist schändlich.
Das alles aber wird offenbar, wenn’s vom Licht aufgedeckt wird;
denn alles, was offenbar wird, das ist Licht.
Darum heißt es:
Wach auf, der du schläfst,
und steh auf von den Toten,
so wird dich Christus erleuchten.
Im Licht des ScheinwerfersDer Schreiber des Epheserbriefs malt mit kräftigen Farben. Ich sage das so umständlich, weil es nicht sicher ist, wer den Brief verfasst hat. Auch wenn Paulus hier als Autor genannt wird, gibt es viele Hinweise darauf, dass Paulus’ Name als Autorität genommen wurde, der Brief aber aus der Feder eines Schülers kommt.
Ich höre die Kontraste: Hier die Früchte des Lichts. Güte – Gerechtigkeit – Wahrheit. Dort die Werke der Finsternis. Beschrieben sind sie weiter oben im Text. Unzucht und Lüge. Fehlverhalten in der Gemeinschaft und vor Gott.
Die Hörerinnen und Hörer werden als Kinder des Lichts direkt angesprochen:
„Wandelt im Licht. Prüft das Gottgefällige. Deckt auf die Werke der Finsternis.“
An anderer Stelle sind es die Waffen des Lichts (Röm 13), mit denen die Christinnen und Christen angehalten werden, gegen die Werke der Finsternis zu kämpfen.
Viele Jahre nach der Abfassung des Briefs fühle ich mich als Hörerin angesprochen: als „Kind des Lichts“. Ich stelle mir das Licht heute einmal als einen Scheinwerfer auf einer dunklen Bühne vor. Die Welt als Bühne. Wie klingen die Worte aus dem Epheserbrief im Licht des Scheinwerfers?
„Wandelt im Licht.“
Der Scheinwerfer kommt von oben. Ich werde angestrahlt. Ich stehe im Licht. Bade im Licht. Ich leuchte nicht selbst, aber es geht ein Strahlen von mir aus, der Scheinwerfer erleuchtet mich.
„Prüft das Gottgefällige.“
Mit meinem Schritt bewegt sich auch der Scheinwerfer. Er folgt mir dahin, wo ich hingehe. Bewegt sich mit. So kann ich den dunklen Raum um mich herum ausleuchten. Prüfen, was im Schatten verborgen liegt. Licht ins Dunkel bringen.
„Deckt die Werke der Finsternis auf.“
Angestrahlt vom Licht des Scheinwerfers werden die dunklen Ecken der Welt hell. Ich decke sie auf, die heutigen Werke der Finsternis.
Wie damals sind es weiterhin die Lügen. Bewusst falsche Informationen, die verunsichern und fehlleiten sollen. Das Licht entlockt die Wahrheit.
Die Ungerechtigkeit hat nicht Bestand, wenn das Licht auf sie fällt. Arbeitsbedingungen, die unmenschlich sind, geringe Entlohnung. Mauscheleien beim Besetzen von wichtigen Positionen. Mit Licht geflutet, wird sichtbar, wer seine Interessen durchsetzen will.
Die Machtgier wird vom Licht aufgedeckt. Ein Mensch kann zwar viel versprechen. Aber er hat nicht das letzte Wort. Als Menschen brauchen wir das Licht, und wir sind es nicht selbst.
So einen Scheinwerfer hätte ich gern. Der die dunklen Ecken der Welt aufklärt.
Meine dunklen SchattenUm die dunklen Ecken meines eigenen Herzens auszuleuchten, ist mir das Bild vom Scheinwerfer zu grell. Die Werke der Finsternisse liegen nicht nur „draußen“ in der Welt, sondern auch verborgen in meinem Herzen. Da ist sich der Schreiber des Epheserbriefs sicher. Um diese Schatten in meinem Herzen zu vertreiben, brauche ich kein gleißendes, sondern ein warmes Licht.
„Christus, dein Licht verklärt unsre Schatten, lasse nicht zu, dass das Dunkel zu uns spricht. Christus dein Licht erstrahlt auf der Erde, und du sagst uns: Auch ihr seid das Licht.“ So lautet ein bekannter Gesang aus Taizé.
Christus leuchtet die dunklen Winkel meines Herzens aus. Bei diesem Licht besehen, hat manch dunkler Gedanke von gestern Nacht keinen Bestand mehr. Meine dunklen Gedanken verführen mich zu zweierlei: 1. Sie lähmen mich. Sorgen, die sich türmen und mich einknicken lassen. 2. Dunkle Gedanken flüstern mir Intrigen ein. Endlich mal den Spieß umdrehen und anderen eins auswischen.
Diesen Werken der Finsternis setzt Christi Licht seine Früchte entgegen.
Die Früchte des Lichts sind Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit, heißt es.
Und ich füge hinzu: Die Früchte des Lichts für mein Leben sind Hoffnung und Zukunft.
Wenn mir ein Licht aufgeht. Ich widerstehe dem Lamento: „Das hat doch alles einen Zweck“ und sehe einen Weg, der sich abzeichnet. Ich fasse Mut für den ersten Schritt. Gehe aufrecht im Licht. Lasse die Schatten hinter mir.
Auferweckt zum neuen LebenDie Schatten der Nacht hinter sich lassen. Mit einem Lied auf den Lippen. Im Epheserbrief klingt dieses Lied so:
„Wach auf, der du schläfst, und steh auf von den Toten, so wird dich Christus erleuchten.“
Wir kennen die Melodie nicht und können über den Anlass, in dem dieses Lied erklungen ist, nur mutmaßen. Es wird eingeleitet wie ein bekanntes Traditionsstück. Darum liegt es nahe, dass wir hier Worte aus der Liturgie der ersten Gemeinden hören: Kinder des Lichts, fallt nicht zurück in eure alten Muster. Fallt nicht zurück in den Schlaf.
Ich muss an das Sprichwort: „Wer schläft, sündigt nicht.“ denken. Das Gegenteil trifft hier zu. Wer schläft – verpasst sein Leben im Licht. Das Leben ohne Christus wird als Schlafwandeln beschrieben. Ein Zustand, in dem ich gar nicht gewahr bin, was ich mache, vor allem, wo ich fehltrete.
„Wach auf, der du schläfst.“ Christus führt dich in einen neuen Morgen. In der Taufe wird dieser neue Morgen sichtbar. Erweckt zum neuen Leben.
„Steh auf von den Toten.“ So wie Christus auferstanden ist. Aufstehen und Auferstehen. Schon jetzt als Getaufte und dann am Ende aller Tage in Gemeinschaft mit Christus.
Gesegnet in die neue Woche„So wird dich Christus erleuchten.“ Ich höre hier eine Segenszusage. Christus ist dein Licht und wird dich zum Leuchten bringen. Dass du für Andere zum Licht wirst.
Vielleicht stammt dieses liturgische Lied ja vom Ende des Gottesdiensts. Und die ersten Christinnen und Christen wurden mit diesen Worten wieder in ihren Alltag gesandt.
Am Ende unseres Gottesdiensts gehen wir auch als Gesegnete wieder in unseren Alltag. Mit Gottes leuchtendem Angesicht über uns: „Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über euch und sei euch gnädig.“
Dieser Segen gilt immer. Am Sonntagmorgen höre ich die Worte als Bestärkung für den Tag, der vor mir liegt und für die ganze neue Woche. Das Strahlen, das von diesem Sonntagmorgen ausgeht, von Christus, dem Licht der Welt, möchte ich mitnehmen. Leben im Licht. Als Kinder des Lichts. Amen.
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