4. Sonntag vor der Passionszeit (09. Februar 2025)
Markus 4,35-41
IntentionDie Predigt soll Mut machen, zu vertrauen, auch, wenn das Leben aussichtslos scheint und auch mit den Momenten umzugehen, in denen der Glaube sich fern anfühlt.
Eine Stimme, die einschreitetLiebe Gemeinde, wenn man in diesen Tagen in die Nachrichten schaut, dann gibt es vieles, was Sorgen machen kann. Wo führen die Neuwahlen in unserer Bundesrepublik hin? Wird es wie in Österreich ein Erstarken der Rechten geben, die für Demokratie, wie wir sie kennen und schätzen, wenig übrighaben? Wie werden die nächsten Jahre mit einem Präsidenten Trump und seinem Partner Elon Musk? Wie geht es mit Europa weiter? Wem gehört welches Land, wie verlaufen die Grenzen und sind sie offen oder zu? Wie entwickelt sich die Lage im Nahen Osten? Mit Syrien, Israel, dem Libanon, der Hamas, dem IS und der Hisbollah? Wie entwickelt sich das Klima weiter? An so vielen Orten spielt es mittlerweile verrückt, wie wird das bei uns sein?
Wie schön wäre es, da wäre jemand, der zu all dem Toben und Zetern der Welt spräche „Schweig! Verstumme!“. Wie schön wäre es, da wäre jemand, der zu uns, die wir manchmal voller Angst und Hoffnungslosigkeit sind, sagen würde: „Was seid ihr so furchtsam?“ Weil wir uns nicht fürchten sollen und auch nicht fürchten müssen.
So jemanden gibt es. Viele kennen ihn aus alten Geschichten und letztlich auch aus eigener Erfahrung. Aber in all dem Toben und Zetern vergessen wir das manchmal und überhören seine Stimme.
Die SturmstillungSo ging es auch den Jüngern Jesu. Hören wir eine sehr bekannte Geschichte aus dem Markusevangelium (Markus 4,35-41):
„Und am Abend desselben Tages sprach er zu ihnen: Lasst uns ans andre Ufer fahren. Und sie ließen das Volk gehen und nahmen ihn mit, wie er im Boot war, und es waren noch andere Boote bei ihm. Und es erhob sich ein großer Windwirbel, und die Wellen schlugen in das Boot, sodass das Boot schon voll wurde. Und er war hinten im Boot und schlief auf einem Kissen. Und sie weckten ihn auf und sprachen zu ihm: Meister, fragst du nichts danach, dass wir umkommen? Und er stand auf und bedrohte den Wind und sprach zu dem Meer: Schweig! Verstumme! Und der Wind legte sich und es ward eine große Stille. Und er sprach zu ihnen: Was seid ihr so furchtsam? Habt ihr noch keinen Glauben? Und sie fürchteten sich sehr und sprachen untereinander: Wer ist der, dass ihm Wind und Meer gehorsam sind!“
Die Ruhe selbstWenn man am See Genezareth schonmal ein solches Boot gesehen hat, in dem sich diese Geschichte abgespielt hat, dann kann man sich nur wundern, dass Jesus da so ruhig auf einem Kissen schlafen konnte. Es war kein großer Fischkutter, wie wir sie heute kennen. Es war ein einfaches Fischerboot, eher eine Nussschale, die mit Sicherheit hin und her gepeitscht wurde von den Wellen, die durchaus auch diesen oft so still daliegenden See in Aufruhr bringen können. Jesus schläft also in einem auf und ab wirbelnden, volllaufenden Boot. Er wird auch nicht wach durch die Feuchtigkeit oder die Bewegung, den Lärm oder die Panik seiner Jünger. Er muss von ihnen geweckt werden. Und das auf diesem kleinen Boot auf engstem Raum. Auch, als sie ihn wecken und er die Wellen und den Sturm nun klar sieht und hört, ändert das nichts an seiner Ruhe und Gelassenheit. Er scheint gar nicht zu verstehen, was die Jünger so panisch werden lässt.
„Schweig! Verstumme!“
Die Jünger fragen ihn, warum er nichts unternimmt. Also trauen sie ihm schon etwas zu, aber sie verstehen nicht, wie er da so ruhig liegen und schlafen kann. Seine Reaktion lässt erahnen, dass er sich ärgert bzw. vielleicht fast schon genervt ist. Er steht also auf aus seiner Ruhe und macht dem Aufruhr mal klare Ansagen. Und alles geschieht so, wie er es befiehlt. Der See liegt wieder ruhig da und auch der Himmel ist klar, kein Wind, kein Sturm.
„Habt ihr noch keinen Glauben?“
Alles ist still und in diese Stille hinein spricht er mit seinen Jüngern. Die Überlieferung im Markusevangelium ist so kurz und knapp, dass wir nicht wissen, wie genau er diese Worte sagte. Es könnte alles sein, zwischen unwirsch und verärgert bis hin zu liebevoll und besorgt: Was seid ihr so furchtsam? Habt ihr noch keinen Glauben?
Die Reaktion der Jünger überrascht da fast. Markus schreibt: „Und sie fürchteten sich sehr und sprachen untereinander: Wer ist der, dass ihm Wind und Meer gehorsam sind!“
Warum fürchten sie sich eigentlich? Sie wollten doch seine Hilfe, haben ja schon in anderen Momenten gesehen, dass er eingreift, dass er Wunder vollbringt, dass er heilt, dass er vollmächtig handelt. Und nun fürchten sie sich, weil er tatsächlich kann, was sie sich erhofft hatten. Weil er Macht über die Elemente hat.
Seine Frage unterstellt, dass er etwas anderes erwartet hätte. Dass sie in der Zeit, in der sie mit ihm unterwegs waren, etwas von dem verstanden haben, was er ist. Dass ihr Glauben gewachsen ist, sich vielleicht sogar gefestigt hat. Nun erkennt Jesus aber, dass das nicht der Fall ist. Obwohl sie schon einige Zeit mit ihm unterwegs waren und ihn erlebt haben, bekommen sie Panik auf dem See und verstehen seine Ruhe und Passivität nicht.
„Was seid ihr so furchtsam?“
„Was seid ihr so furchtsam?“, fragt Jesus seine Jünger. Klar, er kennt die Antwort. Aber die Jünger sollen es selbst erkennen. Es ist nicht notwendig. Jesus ist doch bei ihnen. Sie brauchen nicht furchtsam zu sein.
Ja, was sind wir eigentlich so furchtsam? Die Jünger und wir selbst doch auch? Natürlich. Jesus liegt nicht hinten bei uns im Auto und schläft, obwohl wir gerade im Schneechaos unterwegs sind und nichts sehen und nur rutschen. Und doch – was sind wir eigentlich so furchtsam?
Gott ist größerWir heute, die wir viel von Jesus gehört haben, die wir ihm nachfolgen wie die Jünger damals. Was sind wir eigentlich so furchtsam, wir, die wir uns Christinnen und Christen nennen und an den Dreieinigen Gott glauben. Unser Gott ist größer als alles, was wir erfassen, verstehen und begreifen können. Wir glauben an den Gott Abrahams, Jakobs, Saras und Rahels. An Gott, der Geschichte mit seinen Menschen schreibt. An Gott, der sein Volk aus der Sklaverei geführt hat, der Hanna ein Kind geschenkt hat, obwohl keiner mehr damit rechnen konnte. An Gott, der ein guter Hirte ist, der jedem einzelnen seiner Schafe nachgeht und jedes einzelne liebt. An Gott, der in seinem Sohn Mensch wurde, um uns zu retten.
Und eben dieser Sohn sagt uns, dass wir uns nicht fürchten müssen. Weil er die Welt überwunden hat. Wir müssen uns vor nichts mehr fürchten, weil wir sein sind. Für immer und in alle Ewigkeit. Nichts kann uns mehr von ihm trennen.
Jesus ist mit uns – auch im AlltagUnd dann kommt der Alltag. Der zwar oft gleich und vielleicht eintönig ist, aber doch zugleich von dem Toben und Zetern der Welt bestimmt wird. Dann sehen wir nicht, was wir haben und wie gut es uns in allem doch geht, sondern dann geht der Blick in den Sturm, uns bestimmt das Gefühl der Wellen, die um uns herum peitschen, die Sorge vor der Zukunft. Unserer, der unseres Landes, unserer Kirche, unseres Kontinents. Und mit dem Alltag und diesen Blicken kommt die Furcht und wir vergessen, auf wen und was wir eigentlich blicken sollten und könnten: Auf Jesus Christus. Der völlig entspannt im Boot [mit uns] liegt und dabei ruhig schläft.
Er sagt und zeigt uns, dass wir uns nicht fürchten müssen. Vor nichts und niemandem. Nicht vor Mächten und Gewalten, nicht vor dem Bösen, nicht einmal vor dem Tod.
Ganz konkret kann das heißen, dass uns die Sorge vor der politischen Zukunft unsers Landes und der ganzen Welt nicht lähmen muss. Ja, wir allein können die Welt nicht ändern. Können Diktatoren und Despoten nicht besiegen, können dem rechten Treiben in unserer Gesellschaft kein Ende setzen. Der Gedanke daran kann einen lähmen, klein und stumm machen. Aber das muss es nicht. Wir können aktiv sein. Etwas tun, den Mund aufmachen und beten. Wir können Hass und Hetze unsere Liebe entgegensetzen. Wir können uns da für uns, unsere Nächsten und unseren Planeten einsetzen, wo es uns möglich und wichtig ist. Und das im Vertrauen darauf, dass am Ende Gott wirkt und er die nötigen Kräfte zum Mitwirken in uns freisetzt. Und all das können wir tun in der Gewissheit, dass Gott für uns sorgt. Dass Jesus bei uns – in uns ist und wir uns mit ihm vor nichts fürchten müssen.
In dieser Gewissheit dürfen wir vertrauen, dass nichts uns trennt von unserem Gott. Dürfen wir glauben. Und im Glauben darauf hoffen, dass sein Wort Bestand hat und seine Liebe alles überwindet.
Dass uns das gelingt, das schenke uns Gott, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Amen.
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