3. Advent (11. Dezember 2016)
Lukas 3, 1-14
Festvorbereitung – To-do-Liste 1„Alle Menschen werden das Heil Gottes sehen.“
Bald ist schon wieder Weihnachten. Was muss ich tun? Jedes Jahr das Gleiche. Ich bin spät dran. Also gut überlegen. Was muss ich machen? Weihnachtsgeschenke für die Neffen besorgen. Beim Metzger das Fleisch für das Festessen bestellen. Neue Kerzen für den Christbaum besorgen. Da waren einige kaputt. Dann will ich endlich mal wieder mit meinem Sohn Plätzchen backen. Letztes Jahr waren die Lebkuchen zu wenig.
Eigentlich schön, dass bald Weihnachten ist. Das ist so eine intensive Zeit. So etwas Besonderes.
Wie gelingt Vorbereitung auf das Heil Gottes?„Alle Menschen werden das Heil Gottes sehen.“
Ja, das ist Weihnachten. Alle sollen es sehen. Gott ist gut. Gott bringt Heil. Gott macht heil. Gott liebt die Menschen. Gott wird Mensch. Wir sollen ihn sehen in dem Kind in der Krippe. Das ist gut. Ich freue mich darauf. Der menschenfreundliche Gott.
„Alle Menschen werden das Heil Gottes sehen.“
Kann man sich darauf auch vorbereiten? Heilsfestvorbereitungen sozusagen. Beim Weihnachtsfest, weiß ich ja so ungefähr, was ich machen kann, damit es ein schönes Fest wird. Gibt es das auch: Vorbereitung auf das Heil Gottes? Kann ich mich vorbereiten auf den menschenfreundlichen Gott? Und wie geht das. Was soll ich da tun?
Radikal, weil Gott radikal Mensch wirdLukas erzählt von Johannes. Er will die Leute auf Gottes Kommen vorbereiten. „Bereitet den Weg des Herrn, macht seine Steige eben. Täler sollen erhöht, Berge erniedrigt werden.“
Johannes sagt: Radikale Veränderung ist nötig. Die Axt muss an die Wurzel gelegt werden. Radikale Vorbereitung.
Radikal – warum? Wohl deshalb, weil das Heil Gottes so radikal ist, so grundsätzlich. Gott wird radikal Mensch. Bis in die Haarwurzeln hinein wird er Mensch. Nicht ein bisschen Mensch, sondern ganz. Menschenfreundlichkeit bis zum Letzten. Das ist Gott, das ist das Fest. „Alle Menschen werden das Heil Gottes sehen.“
Johannes sagt: Verlasst euch nicht auf das, was ihr habt. Es bringt nichts, dass ihr einen Titel tragt und euch Abrahamskinder nennen könnt.
Für das Heil bringt es nichts, dass ich Geld habe, dass ich einen Titel habe, dass ich einen Beruf habe, dass ich als Kirchenmitglied eingetragen bin. Für die Vorbereitung auf das Heil Gottes bringt das also alles nichts.
Johannes sagt statt dessen: Tut Buße, denkt um, erneuert euren Sinn, richtet euch neu aus.
Neuausrichtung, da wo ich lebeMetanoia – Buße. Neuausrichtung.
Das Heil Gottes kommt in Gestalt eines Menschen. Weihnachten kommt, Christus kommt, Gott kommt zur Welt, das steht fest. Sein Heil kommt, ob wir uns vorbereiten oder nicht. Aber je schöner wir uns vorbereiten, desto schöner ist es zu feiern.
Was sollen wir tun? So fragt die Menge den Johannes. Was sollen wir tun? So fragen die Zöllner. Was sollen wir tun? So fragen die Soldaten
Vorbereitung ist Tun. Buße ist Tun. Neuausrichtung ist Tun. Unser Sinn erneuert sich durch das Tun.
Was also sollen wir tun? So fragen die drei Personengruppen.
Erstaunlich ist, dass Johanes nicht rät: Werdet so wie ich und verlasst alles. Es ist nicht jedermanns Berufung, Prophet zu werden. Die Zöllner müssen nicht ihren Beruf aufgeben, auch die Soldaten nicht.
Vorbereitung aufs Heil Gottes geschieht, da wo ich schon bin: bei mir zu Hause, an meinem Arbeitsplatz, da wo ich zur Schule gehe, in dem Land, in dem ich lebe. An meinem Platz, da wo ich hingestellt bin, da ist der richtige Platz zur Festvorbereitung.
Mitmenschwerdung: persönlich, im Beruf, in der PolitikWas sollen wir tun?
„Alle Menschen werden das Heil Gottes sehen.“
Die Vorbereitung entspricht dem Fest, das kommt. Das Fest ist Menschwerdung. Mitmenschwerdung Gottes.
Darin ist die Vorbereitung. Wir werden mitmenschlich. Wie Gott sich auf die Seite der Menschen stellt, so stellen die, die sein Kommen vorbereiten, sich auf die Seite der Menschen.
Wie soll das genau gehen?
[1.] „Was sollen wir tun?“ fragt die Menge. Antwort: „Wer zwei Hemden hat, der gebe dem eines, der keines hat. Und wer Speise hat, der tue ebenso.“
Mitmenschlichkeit: Ich nehme den anderen wahr. Ich nehme wahr, was mit ihm ist. In diesem Fall hat er zu wenig anzuziehen. Vielleicht friert er. Ich nehme es wahr. Oder ich sehe: da hat jemand zu wenig zu essen. Ich nehme es wahr. Das ist schon ein erstes Tun – Wahrnehmen.
Dann gebe ich ab von dem, was mir gegeben ist. Ich gebe etwas von mir. Ich sehe den Mitmensch als Mitmensch. Er oder sie ist wie ich. Ich versetzte mich in seine oder ihre Lage.
Was also sollen wir tun zur Festvorbereitung? Unsere Mitmenschen wahrnehmen, die Fernen die Nahen. Dann versetzen wir uns in ihre Lage. Wie geht es ihnen? Was bewegt sie? Was fehlt ihnen? Und dann handeln wir entsprechend unserer Möglichkeiten.
„Alle Menschen werden das Heil Gottes sehen.“
[2.] Die Zöllner fragen für sich: „Was sollen wir tun?“ Mit den Zöllnern kommen welche in den Blick, die Macht und Einfluss haben über andere. Sie haben Macht, die römische Staatsgewalt haben sie hinter sich damals. „Fordert nicht mehr als vorgeschrieben“ lautet die Antwort an sie.
Es könnte ja sein, dass auch wir an einflussreicher Position sind. Wir tragen Verantwortung für andere. Die Entscheidungen, die wir treffen, haben Folgen für andere. Wir haben Macht. „Fordert nicht mehr.“ Das heißt: Schau, dass du genug Lebensraum lässt. Sorge dich um die, die dir anvertraut sind. Versetze dich in ihre Lage, auch wenn sie für dich scheinbar nur auf dem Papier existieren. Es sind Menschen, wie du. Schau, dass ihnen Raum zum Leben bleibt.
„Alle Menschen werden das Heil Gottes sehen.“
[3.] Sogar die Soldaten fragen: „Was sollen wir tun?“ Antwort: „Tut niemandem Gewalt oder Unrecht.“
Hier wird es hochbrisant und hochpolitisch. Wie läuft das eigentlich genau mit den Waffenexporten ab? Läuft hier alles im Rahmen des geltenden Rechts? Und brauchen wir wirklich so viele Waffenexporte? Deutschland ist weiterhin einer der weltweit führenden Rüstungsexporteure. Die Genehmigungswerte für die Einzelausfuhren von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern haben sich im Jahr 2015 gegenüber dem Jahr 2014 fast verdoppelt. Wäre es nicht viel angemessener, wenn sich Deutsche vor allem beim Friedenstiften hervortun. Beim Vermitteln. Sind wir noch auf dem Boden des Grundgesetzes, wenn deutsche Soldaten laufend im Ausland militärisch aktiv sind und sei es nur zur sogenannten Aufklärung. „Tut niemandem Gewalt oder Unrecht“ sagt Johannes. Wir hier sind ja in der Regel keine Soldaten oder Polizisten. Aber unsere Aufgabe ist es, dass wir alle, die mit Waffen zu tun haben, aufmerksam begleiten. Es ist auch unsere Sache, was weltpolitisch so läuft. Denn:
„Alle Menschen werden das Heil Gottes sehen.“
Weihnachten als Fest der LiebeMit großen Schritten gehen wir also auf Weinachten zu. Manche sagen, es ist das Fest der Liebe. Bei diesem Wort ist man versucht zu denken: Alles soll schön sein, alles soll harmonisch sein. Alles soll so schön verklärt sein, wie in der Werbung. Perfekt.
Johannes, der radikale Prophet in der Wüste, holt uns auf den Boden. Es geht nicht um schönen Schein. Es geht wirklich um wahre Mitmenschlichkeit, um Liebe.
"Alle Menschen werden das Heil Gottes sehen." Alle Menschen sollen sehen die Liebe, die Mitmenschlichkeit Gottes.
Auch an mir sollen alle Menschen Gottes Heil und Liebe sehen. Da bin ich besser vorbereitet auf Gottes Heilskommen. Und so ganz nebenbei erfahren auch meine Mitmenschen durch mich Mitmenschlichkeit, nicht erst irgendwann, sondern schon jetzt als Vorbereitung auf Gottes Heil für die ganze Welt.
To-do-Liste 2Bald schon ist Weihnachten. Wie kann ich mich vorbereiten, was ist zu tun?
Hier die neue To-do-Liste:
Geschenke für die Neffen besorgen.
Spende an Brot für die Welt nicht vergessen.
Beim Metzger das Fleisch für das Festessen bestellen.
Meiner Kollegin ein gutes Wort sagen.
Neue Kerzen für den Christbaum besorgen.
Meine Kinder heute loben.
Nachschauen, wo die Strohsterne sind.
Mit meinem Sohn Plätzchen backen.
Mich informieren, wie es meinem kranken Nachbarn geht.
Backpulver kaufen.
Wahrnehmen, was politisch gerade so läuft.
Beten für den Frieden.
Mitmensch sein.
So wird meine Vorbereitung auf Gottes Heil angemessen.
Übrigens: Weihnachten kommt, auch wenn wir nicht so gut vorbereitet sind. "Alle Menschen werden das Heil Gottes sehen." Es hängt nicht an mir, Gott sei Dank. Aber es wird schöner, wenn ich richtig, das heißt dem Anlass entsprechend, vorbereitet bin. Der Anlass heißt: "Alle Menschen werden das Heil Gottes sehen."
Amen.
Weg zur Predigt
Im Hinterkopf habe ich das Kapitel „Wegbereitung“ von Dietrich Bonhoeffer (vgl. Ethik, München 1981, S.142ff). Das Vorletzte bereitet dem Letzten, der „Rechtfertigung des Sünders“, dem Heil Gottes (Lk 3,6) den Weg. Um in dieser sehr aufs Ethische zielenden Predigt gebrauche ich redundant, kehrversartig die Verheißung „Alle Menschen werden das Heil Gottes sehen.“ In dieser Formulierung ist die Lutherbibel 1984 („den Heiland“) und die Lutherbibel 2017 („alles Fleisch“) gemischt.
Situativ nehme ich auf, dass mit dem 3. Adventssonntag häufig schon Festvorbereitungen für das Weihnachtsfest selbst verbunden sind. Das Motiv Wegbereitung kommt im Jesaja-Zitat deutlich vor. (Lk 3,4). „Der Vorläufer des Herrn“ ist Leitwort in Württemberg für den 3.Advent. Insofern halte ich das Thema Festvorbereitung, die angemessene Vorbereitung auf Gottes kommendes Heil für stimmig.
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