Epiphanias (06. Januar 2015)
Pfarrer Friedmar Probst, Alfdorf [friedmar.probst@elkw.de ]
Matthäus 2, 1-12
Liebe Gemeinde!
Erscheinungsfest, 6. Januar. Jetzt ist für die meisten die Weihnachtszeit vorbei. Der Weihnachtsbaum wird abgeschmückt, die Krippenfiguren werden wieder aufgeräumt. Auch die Figuren der drei Könige kommen in die Schachtel. Die haben mich schon als Kind fasziniert: die Männer mit ihren Geschenken, einer kniet andächtig, im Hintergrund ein Kamel.
Eine Sternstunde
Das Matthäusevangelium erzählt nun freilich nicht von Königen, sondern von Sterndeutern. Sie erkennen die Zeichen der Geburt des Christus. Astrologen aus fernen Ländern sind es, die der Himmelserscheinung nachgehen.
Sie sehen den Stern und deuten ihn auf die Geburt eines königlichen Kindes. Dieses Kind zu besuchen, ist ihr neues Ziel.
So etwas ereignet sich nicht jeden Tag. Damals nicht und heute nicht. Der Alltag ist voll von Pflichten, von Dingen, die getan werden müssen, von Routine. Ich spüre, dass ich mit viel Betriebsamkeit ausgefüllt bin. Und doch ist da ein Gefühl von Leere.
Manchmal ereignet sich das: Ich erkenne ein Ziel, einen Stern.
Aus dem Vielen, das zu tun ist, das seine Berechtigung hat und sein Recht fordert, strahlt etwas auf. Dinge klären sich, es wird deutlich: das ist jetzt besonders wichtig.
Um diesem Ruf nachzukommen, braucht es die Kraft, Abschied nehmen zu können. Es gibt keinen Aufbruch ohne Abschied. Die Weisen haben vieles zurückgelassen, was ihnen vertraut war. Ob sie jemals wieder zurückkommen, wissen sie nicht. Sie folgen dem Stern.
Wo ist der neugeborene König der Juden?Die Weisen fragen in Jerusalem nach dem neugeborenen König. Ein neu geborenes Kind aus königlichem Geschlecht ist üblicherweise ein Prinz oder eine Prinzessin. Erst im Lauf des Größerwerdens und wenn die Erbfolge es zulässt, wird aus dem Prinz dann ein König und aus der Prinzessin eine Königin. So ist das heute in den letzten Monarchien dieser Welt – und so war das auch damals.
Was bedeutet also die Frage: Wo ist der neugeborene König der Juden?
Die Geburtsgeschichte Jesu ist wie ein Präludium. Sie deutet an, was am Ende seines Lebens – ebenfalls in Jerusalem – geschehen wird. Das Evangelium zeigt uns den Schmerzensmann Jesus als „König der Juden“, angetan mit einem roten Königsmantel. Er ist dem Spott und der Folter der Schergen ausgeliefert. Die Folterknechte knien nieder und verhöhnen Jesus mit der Anrede „König der Juden“.
So ist im Anfang das Ende bereits vorgezeichnet.
Davon erzählt eine Legende, die Legende vom vierten König. Ursprünglich seien es nicht drei, sondern vier Könige gewesen, die aufgebrochen waren, um dem neu geborenen Kind zu huldigen. Aber nur drei erreichen ihr Ziel. Der vierte hilft armen Leuten mit Geld aus, verbindet Lepröse und kauft Sklaven frei. So verliert er den Kontakt zur Karawane der anderen Könige. Schließlich sieht er auf einem Sklavenmarkt einen jungen Mann, der für den Dienst auf einer Galeere verkauft werden soll. Seiner Mutter zerreißt es das Herz, sie ist Witwe, und ihr Sohn ist ihre einzige Hilfe. So bietet der vierte König an, statt des jungen Mannes als Rudersklave auf die Galeere zu gehen. Alt und krank geworden, kommt er nach 30 Jahren frei und erreicht, völlig verarmt, Jerusalem. Vor der Stadt begegnet er dem König, zu dem er als junger Mann aufgebrochen war. Ein Geschenk kann er ihm jetzt nicht mehr geben. Und dabei hat er doch sein ganzes Leben lang unwissend dem König Gaben gebracht, im Sinn des Jesus-Wortes: „Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern und Schwestern, das habt ihr mir getan.“
Die Weisen sind am Ziel ihres Weges angekommen. Hoch erfreut sind sie, ihr Herz kommt zur Ruhe und sie beten an. Sie huldigen dem Christus-König. Und ohne es zu wissen, beten sie das göttliche Kind an. „Unruhig ist unser Herz, bis es Ruhe findet, Gott, in dir.“
Die ganze Welt ist in die Geburt Jesu einbezogenDie Geschichte der Anbetung der Weisen ist eine der bekanntesten Texte in der Weihnachtsgeschichte. Die Tradition hat aus der Dreizahl der Geschenke auf drei Personen geschlossen. Und aus den Weisen wurden drei Könige. Man berief sich dabei auf Psalm 68,30: „Um Jerusalems willen werden dir Könige Geschenke bringen.“ Und auf die alte Hoffnung Israels, dass einst alle Völker friedlich zum Zion kommen werden: Könige werden zum Glanz von Zion kommen. Aus Arabien, aus Saba werden sie kommen und Gold und Weihrauch mitbringen.
Man hat den Königen Namen gegeben: Kaspar, Melchior und Balthasar. In bildlichen Darstellungen sind die Könige gemalt als Vertreter der drei Erdteile Asien, Afrika und Europa. Ein schöner Gedanke: die ganze damals bekannte Welt ist in die Geburtsgeschichte einbezogen. Ein König wird als junger Mann dargestellt, einer in der Lebensmitte und einer als Alter. Und die Weisen bringen: Gold, Weihrauch und Myrrhe. Der junge bringt Gold: Es ist das edle, reine Metall – Sinnbild für das Streben nach Erkenntnis und Wahrheit in der Jugend.
Der in der Lebensmitte bringt Weihrauch, das Zeichen des Opfers. Das heißt: In der Lebensmitte werden Opfer gebracht. Kinder sind zu versorgen oder zu begleiten. Berufliche Pflichten fordern. Und zugleich brauchen die alt gewordenen Eltern mehr und mehr Unterstützung und Hilfe. Der alte König bringt Myrrhe, ein wohlriechender Balsam: als Zeichen für den Kultus, für das Gebet im Gottesdienst; aber auch für die Weisheit des Alters.
Das Licht strahlt ausAm Anfang der Jesusgeschichte kommen Menschen von weither. Menschen, die den Gott Israels nicht kennen, sind es, die dem neu geborenen Christus huldigen.
Und am Ende gibt der Auferstandene seinen Schülerinnen und Schülern den Auftrag: „ Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker.“ Das, was der erhöhte Christus am Schluss des Matthäusevangeliums seinen Schülern aufträgt, deutet sich am Anfang bereits an: Menschen von weit her kommen und beten das göttliche Kind an.
In der Württembergischen Landeskirche wird das Erscheinungsfest deshalb als Tag der Weltmission begangen. Von Anfang an ist bei der Geburt Jesu die ganze Welt mit im Blick.
Die gute Nachricht von der Liebe Gottes in Jesus Christus gilt allen Menschen. Und schon lange ist Mission keine Einbahnstraße mehr. Seit vielen Jahrzehnten arbeiten Missionare aus allen Erdteilen unter uns. Und wir merken: wenn Menschen aus der weltweiten Christenheit zu uns kommen, so bringen auch sie Geschenke mit. Nicht Gold, Weihrauch und Myrrhe. Doch sie berichten uns vom Leben in ihren Kirchen. Sie lassen uns erfahren, dass Glaube bedrängt sein kann. Sie zeigen uns wertvolle geistliche Schätze ihrer eigenen Tradition.
Und so sind wir miteinander verbunden in der Anbetung des Kindes und im Lob Gottes. Amen.
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