1. Weihnachtsfeiertag (25. Dezember 2024)
Johannes Joh 1, 1-5. 9-14
IntentionDer Theologe Johannes erzählt die Weihnachtsgeschichte anders. Er erzählt von Gott, der als Wort in die Welt kommt, das Licht ins Dunkel bringt. Dieses weihnachtliche Licht macht Mut, die nächsten Schritte sicher zu gehen.
Das Weihnachtsfest und die FinsternisseLiebe Gemeinde, Weihnachten löst etwas bei Menschen aus. Eine Sehnsucht nach Ruhe und Frieden. Eine Dankbarkeit. Eine Trauer. Die unterschiedlichsten Gefühle. Und auch wenn viele von uns aus dem vollen Lauf der Adventszeit auch dieses Jahr wieder in das Weihnachtsfest hineingestolpert sind, konnten wir vielleicht spüren: Weihnachten wird es auch, ohne dass wir etwas dafür tun könnten.
Dietrich Bonhoeffer hat an Weihnachten 1943 mit seinen Mitgefangenen im Gefängnis ein Morgengebet gesprochen:
„Gott, zu Dir rufe ich in der Frühe des Tages.
Hilf mir beten
und meine Gedanken sammeln zu Dir;
ich kann es nicht allein.
In mir ist es finster,
aber bei Dir ist das Licht.“
Finster. Das lag damals für Bonhoeffer auf der Hand. Getrennt von Freunden und Familie, getrennt von der Verlobten, eingesperrt im Wissen, dass es womöglich keine Perspektiver mehr hier auf Erden gibt. Kein Leben mehr in Freiheit mit allem, was das Leben lebenswert macht. Keine Begegnung mehr. Eingesperrt in einer Zelle, minimaler Lebensraum. Ohne Licht kein Leben. In mir ist es finster.
Bei manchem ist es um die Weihnachtszeit finster. „Ich habe ja keine Freunde, meine Nachbarn können wir gestohlen bleiben“, habe ich einen alten Mann im Krippenspiel der Kinderkirche sagen hören. Auch bei ihm ist es finster. Das schlägt sich auf sein Gemüt nieder. Brummelig geht er durchs Leben. Freunde findet er so nicht.
Bei manchem ist es finster in der Weihnachtszeit. Weil ein Platz leer ist. Weil einer fehlt, der doch zu einem dazugehört. Weil es sonst unter dem Jahr ja irgendwie noch geht. Aber jetzt an Weihnachten, da fehlt er mehr als sonst. Egal, ob es das erste Mal ist, oder schon einige Jahre ins Land gegangen sind. Es ist anders. Es schmerzt. Auch Trauer kann finster sein.
Bei manchem ist Weihnachten geprägt von der Sorge, dass alles gut geht. Weil Menschen sich begegnen, die sich selten begegnen und auch schon manches Gefecht in ihrem Leben gemeinsam ausgefochten haben. Die Sorge, ob das mit dem Essen etwas wird, weil es nicht mehr so leicht von der Hand geht, weil es immer anstrengender wird, eine gewohnte Tätigkeit gut und sicher und in derselben Zeit zu machen wie all die Jahre davor. Das sind keine leichten Angelegenheiten.
In mir ist es finster, aber bei dir ist das Licht.
Am Anfang war das Wort (Johannes 1,1-5.9-14)„Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. Dasselbe war im Anfang bei Gott. Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist. In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat’s nicht ergriffen. (…)
Das war das wahre Licht, das alle Menschen erleuchtet, die in diese Welt kommen. Es war in der Welt, und die Welt ist durch dasselbe gemacht; und die Welt erkannte es nicht. Er kam in sein Eigentum; und die Seinen nahmen ihn nicht auf. Wie viele ihn aber aufnahmen, denen gab er Macht, Gottes Kinder zu werden: denen, die an seinen Namen glauben, die nicht aus menschlichem Geblüt noch aus dem Willen des Fleisches noch aus dem Willen eines Mannes, sondern aus Gott geboren sind.
Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.“
Gott spricht und es wird LichtGott spricht und kommt als Licht in die Welt. So fasst Johannes die Geschichte von Bethlehem zusammen. Geräuschlose und geruchsfreie Weihnachten. Kein Geburtsschmerz. Kein Stern über der Krippe. Kein Joseph, der nicht weiß, was er machen soll. Kein Stroh und keine Windeln. Die Engel singen nicht, aber der Himmel ist offen. Licht kommt vom Himmel auf die Erde.
Licht des Lebens. Ohne Licht kein Leben. In unseren Breitengraden lässt sich der symbolische Gehalt der Weihnacht im Winter deutlich erleben. Jeden Tag wird es ein wenig früher dunkel. Jeden Tag leben wir ein wenig mehr in der Dunkelheit. Wie ein grauer Schleier legt sich manches Mal die Finsternis auf die Seele Und dann wird es Licht in der Nacht. Damals bei den Hirten auf dem Felde. Die Herrlichkeit der Engel leuchtete in der Nacht. In die Finsternis der Hirten. In ihrer armen Lebenswelt wird es hell. Mitten in der Nacht. Das Licht kam in die Finsternis.
Der Stern zeigt den Weisen aus dem Morgenland den Weg. Sie folgen ihm, um zu sehen, wo das Licht der Welt, das Licht des Lebens, Gott selbst Mensch geworden ist. Licht weist den Weg. Licht des Lebens.
Am Anfang steht ein Wort. Es ist ein Wort, das alles verändert. Es verändert das Leben grundlegend. Geradezu eine neue Sicht auf die Welt, in der wir unser Leben fristen, wird eröffnet. „Fürchte dich nicht“, spricht der Engel zu Maria, „du wirst ein Kind gebären“. „Fürchte dich nicht“, spricht der Engel zu Joseph, als der überlegt, seine schwangere Maria zu verlassen. „Fürchtet euch nicht“, spricht er zu den Hirten auf dem Feld.
Ein Wort, das Leben verändert, weil es Gottes Wort ist.
Am Anfang steht das Wort. So schafft Gott Leben. Er ruft Himmel, Erde, Mond und Sterne, Tiere und den Menschen ins Leben. Dich und mich ruft er ins Leben. Er ruft in unser Leben hinein.
Er ruft uns ins Leben,
ins Sein und Werden und Vergehen.
Ins Licht und alle Schatten.
In die Freude und ins Leid,
das oft nicht zu fassen ist.
„Ich bin das Licht der Welt“Gott spricht. Und Gottes Sohn, Jesus Christus, nimmt Gottes Wort auf und ruft seinen Menschen zu: „Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis wandeln, sondern das Licht des Lebens haben“ (Joh 8,12).
Das ist ein besonderes Wort. Es bewirkt, was es sagt. Licht scheint mitten in der Finsternis. Es scheint inmitten aller Traurigkeit. Es ist Licht inmitten aller Hoffnungslosigkeit. „Sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund“ (vgl. Mt 8,8). Das sagte einer zu Jesus, der gar keine Hoffnung mehr hatte.
So etwas berichten auch heute Menschen. Sie erzählen, dass sie nicht gewusst haben, wie sie die Kraft für den nächsten Schritt bekommen sollten und doch haben sie einen Schritt nach dem anderen gemacht. Sie spürten es in all ihren Gliedern und in ihrem Geist, was Jesus von sich sagte: „Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig“ (2. Kor.12,9).
Von dieser Kraft berichten Menschen, die keinen Weg mehr gesehen haben. Menschen, die nicht mehr ein noch aus wussten und von der bangen Frage getrieben wurden: Wie soll ich das schaffen?
Davon berichten Menschen, die auf einmal einen neuen Blick auf ihr Leben bekommen haben. Sie sind aufgebrochen aus dem festen starren Festgeschriebenen ihres Lebens und hineingegangen in ein ganz anderes Leben. „Siehe ich mache alles neu“ (Offb 21,5).
In mir ist es finster – aber du weißt den Weg für michAm Anfang steht ein Wort.
Da wird es Licht inmitten der Nacht. So wie damals für die Hirten. So wie damals für die Weisen. So wie damals für Dietrich Bonhoeffer und manchen seiner Mitgefangenen. So auch heute.
Wie auch immer es mit Ihnen und mir an Weihnachten steht – Dietrich Bonhoeffers Gebetsworte sprechen auch mir aus dem Herzen:
„In mir ist es finster, aber du bist das Licht.
Ich bin einsam, aber Du verlässt mich nicht;
Ich bin kleinmütig, aber bei Dir ist die Hilfe;
ich bin unruhig, aber bei Dir ist der Friede;
In mir ist Bitterkeit, aber bei Dir ist die Geduld;
Ich verstehe Deine Wege nicht,
aber Du weißt den Weg für mich.“
Gesegnete Weihnachten
Amen.
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