2. Sonntag nach Epiphanias (16. Januar 2022)
1. Korinther 2,1-10
IntentionDas Geheimnis des Lebens und das Geheimnis Gottes möchten von uns erforscht werden. Abkürzungen sind da hinderlich.
Liebe Gemeinde,
die Geschichte mit Gott und Jesus ist eine komplizierte Sache. So wie das ganze Leben kompliziert ist. Und Abkürzungen gibt es nicht. Es hilft auch nicht zu sagen: Ich gehöre zu einem Guru oder zu einer Pfarrerin, die alles richtig macht! Das macht es auch nicht weniger kompliziert.
So verstehe ich jedenfalls Paulus. Er hat nämlich gehört, dass es verschiedene Menschen gibt, die von Jesus und dem Glauben erzählen. Verschiedene Menschen erzählen immer auch etwas Unterschiedliches. Das ist einfach so, aber es führt zu einer Konkurrenz. „Ich gehöre zu Apollos“, sagten die einen. „Ich gehöre zu Paulus“, sagten die anderen. Und schon ist der Streit da. Paulus hätte es sich einfach machen können und sagen: „Die anderen liegen falsch. Was ich euch sage, ist richtig. Also macht das.“
Paulus macht es sich aber eben nicht einfach. Weil er verstanden hat: Es geht gar nicht um ihn bei dem ganzen Streit. Es soll doch um Jesus und Gott gehen, um mehr nicht. Also hält Paulus sich und seine Person so weit wie möglich zurück. Er bemüht sich redlich darum, finde ich, wenn er folgendes an die Gemeinde in Korinth schreibt.
Ich lese uns den Predigttext aus dem ersten Korintherbrief, Kapitel 2:
„Auch ich, meine Brüder und Schwestern, als ich zu euch kam, kam ich nicht mit hohen Worten oder hoher Weisheit, euch das Geheimnis Gottes zu predigen. Denn ich hielt es für richtig, unter euch nichts zu wissen als allein Jesus Christus, ihn, den Gekreuzigten. Und ich war bei euch in Schwachheit und in Furcht und mit großem Zittern; und mein Wort und meine Predigt geschahen nicht mit überredenden Worten der Weisheit, sondern im Erweis des Geistes und der Kraft, auf dass euer Glaube nicht stehe auf Menschenweisheit, sondern auf Gottes Kraft. Von Weisheit reden wir aber unter den Vollkommenen; doch nicht von einer Weisheit dieser Welt, auch nicht der Herrscher dieser Welt, die vergehen. Sondern wir reden von der Weisheit Gottes, die im Geheimnis verborgen ist, die Gott vorherbestimmt hat vor aller Zeit zu unserer Herrlichkeit, die keiner von den Herrschern dieser Welt erkannt hat; denn wenn sie die erkannt hätten, hätten sie den Herrn der Herrlichkeit nicht gekreuzigt. Sondern wir reden, wie geschrieben steht: ‚Was kein Auge gesehen hat und kein Ohr gehört hat und in keines Menschen Herz gekommen ist, was Gott bereitet hat denen, die ihn lieben.‘ Uns aber hat es Gott offenbart durch den Geist; denn der Geist erforscht alle Dinge, auch die Tiefen Gottes.“
Der nüchterne Kern: Jesus Christus, der ganz AndereIn den letzten Wochen haben wir viel von Jesus gehört. Wir haben gehört, dass wir in Jesus sehen, wie Gott sich klein machen kann. Wir haben am 6. Januar gehört, dass Weise aus dem Morgenland zu diesem Kind gekommen sind und es angebetet haben.
Ob Apollos diese Geschichten erzählt hat, weiß ich nicht. Paulus hält sich jedenfalls nicht mit diesen Geschichten auf. Er hat eine andere Geschichte, die er in den Mittelpunkt stellt: Jesus Christus, den Gekreuzigten. Das Geheimnis Gottes! Das ist es, was Paulus weitergeben will.
Dürre Worte und eine noch dürrere Geschichte. Aber es ist für ihn der Dreh- und Angelpunkt für alles: Jesus Christus, der Gekreuzigte – das Geheimnis Gottes! Tatsächlich, was für ein Geheimnis: Denn Gott ist doch groß und mächtig. Und nicht schwach und bedürftig. Er ist doch nicht so wie ein Kind in Windeln gewickelt. Und er ist nicht einer, der leidend und gescheitert am Kreuz hängt. Gott und bedürftig sein, Gott und Scheitern, Gott und Kind, Gott und Kreuz. Das passt nicht zusammen. Und wenn es zusammen geht, ist es eben ein „Großes Geheimnis“.
Tiefe statt eindimensionalAber Paulus ist von diesem Geheimnis begeistert. Jesus – seine Geburt genauso wie sein Tod zeigen: Gott ist ganz anders. Und ich höre Paulus sagen: Erforsche diese Andersartigkeit. Gott ist nicht nur eindimensional „groß und mächtig“. Paulus will, dass sein Leser und seine Leserin in die Tiefe Gottes hinabtauchen, anstatt sich mit einfachen Lösungen abzugeben.
Die Mächtigen und Herrschenden, die hatten schon damals kein Verständnis für diese Tiefe. Sie wollten es gerne einfach haben. „Gott ist groß und mächtig“ – Fertig! Sollte einer kommen, der diesem Bild nicht entspricht, dann muss man ihn eben beseitigen und hat das Problem gelöst. Aus, vorbei und fertig!
Abkürzungen und VereinfachungenAuch eine Art von Vereinfachung und Abkürzung: Einfach alles kaputt machen. Das Spielbrett umwerfen und weggehen. Das macht keinen Spaß, ist aber effektiv: Der Spieler ist draußen, und das Spiel ist vorbei.
Wer fair spielen will, spielt bis zum Ende. Auch wenn nach einiger Zeit klar ist: Das kann ich nicht mehr drehen. Aber vielleicht kann ich noch Zweiter werden oder wenigstens kann ich erhobenen Hauptes sagen: „das nächste Mal wird es besser“, und überhaupt kann man sich ja immer noch trösten: Pech im Spiel – Glück in der Liebe! Und dann geht es weiter zum nächsten Spiel. Ein Spiel zu verlieren, ist kein Grund, es nicht noch einmal zu versuchen oder überhaupt nicht zu spielen.
Während man Schach oder Mensch-Ärgere-Dich-Nicht immer für sich spielt, gibt es aber auch Spiele, in denen man zu zweit oder mehreren im Team spielt. Und auch da kann man es sich einfach machen: in das Team gehen, welches den besten Einzelspieler hat. Und schon kann ich mich zurücklehnen und schauen, dass mein Partner alles macht. Das klingt bequem, aber nicht besonders interessant. Und das gibt es auch bei Religionen.
Einfach sich einem Guru, einem religiösen Führer, anschließen und schon kann der einfach für einen alles erledigen. Was der- oder diejenige sagt, ist richtig. Fertig. Wieder eine Abkürzung genommen.
Gott begeistert selbst, wenn wir uns auf ihn einlassenDiese „Guruabkürzung“ haben wohl die Menschen in Korinth genommen: „Apollos oder Paulus?“ Zu wem gehörst du?
Aber diese Frage führt nur in Rechthaberei. Und die führt nicht weiter. Denn Rechthaberei führt nur zu mehr Rechthaberei. Und ein gelöstes Rätsel führt nur dazu, dass sich weitere Rätsel auftun, und wenn man mit dem Ergebnis nicht zufrieden ist, dann sucht man sich andere Rätsel, die einem dann wieder im Ungefähren hängen lassen. Es ist ein Weg ins Dunkle, der sich da auftut, nicht aber die Tiefe Gottes.
Deshalb: Wer Gott erfahren will, sollte nicht rätseln, sondern sich auf Gott und Jesus einlassen. Es geht um das Geheimnis Gottes: Jesus Christus, der Gekreuzigte. Es geht nicht darum, wer von den beiden Aposteln mehr begeistert. Denn Gott selbst begeistert.
Worum geht es: Mit Gott leben und ihn dabei erforschenDie Sache mit Gott ist eine komplizierte Sache. So wie unser Leben auch eine komplizierte Sache ist. Mir schenkt Paulus heute die Erkenntnis: Es geht darum, mit Gott zu leben. Ihn zu erforschen! In die Tiefe zu tauchen. Es ist gut, wenn man diese Erkenntnis mit anderen teilen kann. Es ist gut, wenn man jemanden dabei hat, der sich schon damit auskennt. Jemanden, der das Spiel schon zu spielen weiß. Aber dann geht es darum, selbst loszulegen. Das Spiel selbst begeistert dann von selbst.
So wie Gott eben auch selbst begeistert. Ich glaube, man kann nichts falsch machen. Nicht bei Jesus Christus, dem Gekreuzigten! Denn genau der weiß, wie es ist, wenn man scheitert. Und von ihm kann ich lernen: In der Tiefe Gottes kann sich das Spiel nochmal ganz wenden, und die Gnade Gottes zeigt sich dort in ihrer ganzen Klarheit: Sogar Scheitern kann zu einem Wunder des Lebens werden und aus der Dunkelheit kann ein Licht scheinen. Amen.
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