Pfingstmontag (24. Mai 2021)
1. Korinther 12, 4-11
IntentionDie Predigt möchte dazu beitragen, die Fülle der Geistes-Gaben in unseren Gemeinden und bei uns persönlich zu entdecken und einzubringen. Dem Nächsten zum Nutzen und Gott zur Ehre.
Liebe ökumenische Gemeinde,
wir sind es gewohnt, den Pfingstmontag mit einem ökumenischen Gottesdienst zu feiern. Allein schon das ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass es ihn gibt: den Heiligen Geist. Und dass er wirkt. Dass es ihm gelingt, Menschen aus unterschiedlichen Konfessionen und Traditionen zusammenzubringen. Menschen, die sonst allenfalls auf die Idee kämen, miteinander ein Wein- oder Straßenfest zu feiern, aber eben keinen Gottesdienst. Dass wir hier sind, verdanken wir dem Wirken des Geistes Gottes. ER macht uns bereit, dass wir heute Morgen seinen Namen anrufen, zu ihm beten und auf sein Wort achten. An Pfingsten feiern wir die Gegenwart Gottes mitten unter uns: Im Heiligen Geist, der als der Geist Jesu Christi unsere Menschenherzen prägen will. Der sie getroster und lebensfroher machen will, barmherziger und liebevoller.
Das Bibelwort für diesen Pfingstmontag ist eine Einladung, diesen Geist wieder neu wahrzunehmen und ihn zu ehren. Es steht in 1. Korintherbrief Kapitel 12, die Verse 4-11:
„Es sind verschiedene Gaben; aber es ist ein Geist. Und es sind verschiedene Ämter; aber es ist ein Herr. Und es sind verschiedene Kräfte; aber es ist ein Gott, der da wirkt alles in allen. Durch einen jeden offenbart sich der Geist zum Nutzen aller.
Dem einen wird durch den Geist ein Wort der Weisheit gegeben; dem andern ein Wort der Erkenntnis durch denselben Geist; einem andern Glaube, in demselben Geist; einem andern die Gabe, gesund zu machen, in dem einen Geist; einem andern die Kraft, Wunder zu tun; einem andern prophetische Rede; einem andern die Gabe, die Geister zu unterscheiden; einem andern mancherlei Zungenrede; einem andern die Gabe, sie auszulegen.
Dies alles aber wirkt derselbe eine Geist, der einem jeden das Seine zuteilt, wie er will.“
Gottes Geist – in FülleIch verstehe diese Zeilen des Apostel Paulus als eine Einladung, die Gegenwart Gottes im Heiligen Geist wieder neu bei uns zu entdecken – und zu feiern. Eine Entdeckungsreise also zu machen in die Gemeinde. Und was es da zu sehen gibt, ist eine erstaunlich große Fülle an vielfältigen Gaben und Fähigkeiten, die Gott uns durch seinen Geist schenkt. Die Fülle ist es, die dem Apostel so wichtig ist. Auf die Fülle sollen wir sehen und staunen: Wir haben einen Gott, der nicht karg zuteilt, der nicht knausert und spart, sondern der den Menschen in seiner Kirche gibt. Reichlich gibt. Gott sei Dank!
Daher fügt der Apostel der Aufzählung der Gabenfülle (in den Versen 8-10) ein paar Verse später noch weitere wichtige hinzu. So erwähnt er ausdrücklich die Gaben, „zu helfen und eine Gemeinde zu leiten“ (Vers 28). Die Fähigkeit, eine Gemeinde zu leiten und zu organisieren – ich möchte sie in diesen anstrengenden Monaten der Pandemie einmal besonders würdigen. Denn die Mitglieder unserer Kirchengemeinderatsgremien und die Verantwortlichen für Gemeindegruppen, Kindergärten und Kirchenmusik stecken in ihre Aufgaben viel Zeit und Phantasie. Sie gehen neue Wege mit und trotz aller Kontaktbeschränkungen und Hygieneregeln. Sie brauchen Mut, voranzugehen und zu entscheiden. Im Wissen, dass im Nachhinein manches sich als Irrweg herausstellen wird – und anderes doch richtig gewesen ist, obwohl viel kritisiert wurde. Sie brauchen das von Paulus erwähnte „Wort der Weisheit“ und der „Erkenntnis“. Worte, die uns nicht vergessen lassen, dass wir – nicht nur in Leitungsfunktionen – Menschen mit Fehlern bleiben. Menschen, die der Barmherzigkeit und Vergebungsbereitschaft Gottes und der Geschwister bedürfen. Für solche Worte braucht es kein Philosophiestudium. Der Geist Jesu Christi schenkt sie uns. Sie werden in ganz alltäglichen Situationen gesprochen: in der Beratung oder der Seelsorge oder bei zufälligen Begegnungen unter Nachbarn und Kolleginnen. Worte, die die Kraft entfalten, den andern zu trösten. Oder ihm eine Idee mitgeben, um aus einer ausweglos scheinenden Situation herauszukommen. Ihnen fallen da jetzt ganz bestimmt Menschen in Ihrer Gemeinde ein, die über diese Gaben besonders verfügen. Ein Grund zum Dank – an diese Menschen und an den Gott, der Menschen dazu befähigt. Und vielleicht entdecken Sie diese Gabe auch bei sich.
Paulus erinnert aber auch an Gaben, die uns etwas fremd klingen. Aber es gibt sie auch bei uns, die Gaben, „gesund zu machen“ und „Wunder zu tun“. Wunder ereignen sich ja in Situationen, in denen zunächst alles auf ein schlimmes Ende hinausläuft. Aber dann gibt es eine unvorhersehbare Wendung zum Guten. Ob man die gleich naturwissenschaftlich erklären kann oder nicht. Hauptsache, wir nehmen solche überraschende Wendungen zur Heilung, zum Guten überhaupt wahr. Ob das die Genesung von einer als unheilbar eingestuften Erkrankung ist oder die Versöhnung der Beteiligten in einem völlig verfahrenen, jahrelangen Nachbarschaftsstreit oder eine Suchterkrankung, die überwunden wurde. Das Wirken des Geistes Jesu Christi erkennt man daran, dass die Macht von unheilvollen Gedanken und Verhaltensweisen gebrochen wird. So können Menschen wieder befreit durchatmen und leben.
Gottes Geist – zum Nutzen allerFreuen wir uns an diesen Gaben, die andern helfen, eine Krise zu einem guten Ausgang zu bringen. Sie können körperliche oder seelische Gebrechen heilen. Das sind Gaben, die einem das Leben leichter und lebenswerter machen. Die einem guttun und ein Stück Lebensfreude schenken.
Die einem Menschen, wie Paulus es formuliert, schlicht „nutzen“: „Durch einen jeden offenbart sich der Geist zum Nutzen aller.“ Die letzten langen Monate der Pandemie haben uns aufmerksamer und auch dankbarer für diese Gaben gemacht. Wie froh sind wir, dass es Menschen unter uns gibt, die singen und musizieren können Und dass das sogar online geht! Und was für eine wunderbare Gabe, witzige und phantasievolle Video-Beiträge für den Online-Kindergottesdienst zu drehen. Menschen haben die Gabe, anderen zu dienen und zu nutzen. Sie werden auch mit Kranken beten oder einem Resignierten einen aufbauenden Brief schreiben. Andere begleiten Hilfsbedürftige zu Behörden oder zum Arzt. Entscheidend heute, am Pfingstfest, scheint mir, dass wir hören: Es GIBT diese Gaben. Es GIBT auch die Menschen, die diese Gaben nicht verstecken, sondern einbringen. Auch Sie verfügen über mindestens EINE davon. Lassen Sie sich heute Mut machen, diese eine Gabe zu entdecken und sie nicht zu verbergen. Bringen Sie sie ein. Und machen wir uns in den Gemeinden immer wieder auf Entdeckungsreise, um bei uns selber oder bei andern diese Gaben zu entdecken. Sie werden gebraucht, damit es in unseren Gemeinden und in unserem Stadtteil, in unsern Familien, Schulen und Betrieben menschlicher und barmherziger zugeht. Machen wir uns gegenseitig aufmerksam auf unsere Gaben und ihre Vielfalt. Denn manchmal sind es ja die andern, die meine Fähigkeiten besser sehen, als ich selber.
Die Fülle der Geistesgaben – sie sind das Konzept Gottes für eine interessante, den Menschen zugewandte und befreiende Kirche. Bauen wir an dieser Kirche mit – mit den Gaben unserer Mitmenschen und unsern eigenen.
AMEN.
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