Epiphanias (06. Januar 2020)
Prälat i.R. Paul Dieterich, Weilheim a.d. Teck [Paul.Dieterich-online.de]
Epheser 3, 1-7
Intention Christus ist das Licht der Welt, das heißt jedes Menschen. Das begründet Mission und macht uns zu achtsamen Missionaren.
Drei „weise Könige“ vor der Krippe JesuHeute feiern wir das Erscheinungsfest, Epiphanias, an dem die drei Weisen aus dem Morgenland kommen und den Heiland der Welt finden, den, der die Menschheit heilt. Katholiken sagen auch: Wir feiern heute das Fest der heiligen drei Könige. Zwar berichtet Matthäus nur von Weisen, die aus dem Morgenland kommen. Aber sehr bald in der christlichen Kunst werden aus den Weisen drei Könige, Kaspar, Melchior und Balthasar, die aus Asien, Europa und Afrika, den drei damals bekannten Kontinenten, stammen. Es ist ganz sinnvoll, wenn wir von „weisen Königen“ sprechen.
Warum von Königen? Weil sich darin unsere tiefe Sehnsucht danach ausdrückt, dass auch die politischen Herren dieser Welt Jesus finden, dass sie ihn anbeten, den, in dem Gott einer von uns wurde, ein Mensch, der gezeigt hat, was mitmenschliches Leben ist. Dass sie ihn entdecken als ihren Ratgeber in der großen Fragen der Politik, als ihren Tröster, wenn sie sich überfordert fühlen, als den, der ihre Last trägt, wenn sie denen, die ihnen vertrauen, sehr vieles schuldig bleiben.
Drei Könige, kniend an der Krippe Jesu, das ist Ausdruck der Hoffnung, dass die Menschenfreundlichkeit Gottes nicht nur unser persönliches Leben bestimmt, sondern auch die Politik. Und wenn die an der Krippe Knienden aus drei verschiedenen Erdteilen stammen, dann meldet sich darin die Hoffnung, dass auch die Weltpolitik, das Miteinander der Völker, sich so gestaltet, wie Paulus es in seinem Brief an die Galater auf den Nenner bringt: „Einer trage des andern Last, so werdet ihr das Gesetz (die Lebensordnung) Christi erfüllen“ (Gal 6,2).
„Eia, wärn wir da“, denkt mancher angesichts dessen, was heute die Weltpolitik bestimmt. Ja, wir sind Lichtjahre davon entfernt. Aber von der Frage, ob „die heiligen drei Könige“ für uns nur ein exotisches Spielzeug bleiben oder ob wir erkennen, was sie an der Krippe Jesu bedeuten, hängt es ab, ob die Politik, die wir betreiben, wirklich menschlich wird. Ja, sogar das pure Überleben vieler Menschen hängt davon ab, ob Machthaber wirklich von Jesus Christus lernen und in ihm ihren Herren finden.
Paulus, der leidenschaftlich konsequente MissionarWas aber hat das mit dem Predigttext aus Epheser 3,1-7 zu tun, der uns heute vorgeschlagen wird? Ich lese ihn: „Deshalb sage ich, Paulus, der Gefangene Christi Jesu für euch Heiden – ihr habt ja gehört von dem Auftrag der Gnade Gottes, die mir für euch gegeben wurde: Durch Offenbarung ist mir das Geheimnis kundgemacht worden, wie ich zuvor aufs kürzeste geschrieben habe. Daran könnt ihr, wenn ihr’s lest, meine Einsicht in das Geheimnis Christi erkennen. Dies war in früheren Zeiten den Menschenkindern nicht kundgemacht, wie es jetzt offenbart ist seinen heiligen Aposteln und Propheten durch den Geist, nämlich dass die Heiden Miterben sind und mit zu seinem Leib gehören und Mitgenossen der Verheißung in Christus Jesus sind durch das Evangelium, dessen Diener ich geworden bin durch die Gabe der Gnade Gottes, die mir nach seiner mächtigen Kraft gegeben wurde.“
Paulus bekennt sich hier zu dem Auftrag, den er damals vor Damaskus bekommen hat. Sein Leben lang hat er mit einer unglaublichen Energie diesen Auftrag erfüllt. Obwohl er gar nicht gesund war – vermutlich litt er an Epilepsie -, trotzdem er immer wieder das Gefängnis von innen erlitten hat, stritt er dafür, dass Menschen ganz verschiedener Kulturen dieses Licht und sich selbst in diesem Licht sehen. Jedem wollte er dieses Licht sichtbar machen. Zweimal haben sie ihn gesteinigt. Kaum waren sie weg, da stand der Totgeglaubte wieder auf. Paulus, ein Stehaufmann durch die Kraft Gottes. Kam er wirklich noch nach Spanien, an das damals bekannte Ende der Welt? Der hat ihn die Hinrichtung vorher in Rom erwischt?
Jedenfalls hat er Jesus Christus als Licht der Welt gesehen, nicht einfach als Licht dieser oder jener religiösen Gruppe. In Jesus Christus ist Gott ein Mensch geworden, für uns alle, für alle Völker, für jeden Menschen.
Unsere „missionarische Existenz“Wenn uns auch nur ein Funke seiner Leidenschaft erwischt, was wird dann aus uns? Wir werden dann jeden Menschen, Christ oder Atheist, Muslim oder Buddhist, als einen verstehen, für den Jesus gelebt und gelitten hat, für den er auferstanden und zu dem er unterwegs ist. Vielleicht durch Sie oder mich. Vielleicht durch andere. Er hat viele Wege. Wir jedenfalls lassen dann alle Ängste, jede Fremdheit oder gar Feindschaft Menschen gegenüber, die anders aufgewachsen sind, hinter uns. Sein Licht leuchtet auch denen, die dieses Licht noch längst nicht kennen. Mit Recht hat Karl Barth, als er einmal auf sein gutes Verhältnis Atheisten gegenüber angesprochen wurde, gesagt: Jeder Atheist ist für mich ein potentieller Christ.
Wir werden dann auch frei denen gegenüber, die aus einer anderen Religion oder Nation kommen. Die Furcht, wir Christen könnten von Muslimen oder Menschen anderer Religionen überrollt werden, liegt dann weit hinter uns. Christus, das Licht der Welt, hat diese Furcht in uns längst überwunden.
Ohne Zweifel treten wir dann für Mission ein. Für Äußere wie für Innere Mission. Auch wenn das Wort Mission immer wieder sehr darunter gelitten hat, dass Missionare sich mit kolonialistischen Mächten verbündet haben. Übersehen wir daneben nicht den Kampf vieler Missionare, die für das Recht der sogenannten Eingeborenen gegen Kolonialisten gestritten und gelitten haben. Nichts soll uns abbringen von dem Wissen, dass Christus das Licht der Welt ist und dass er uns dazu befreit, auch anderen dieses Licht zu zeigen und spürbar zu machen.
Ja, in gewissem Sinn ist jeder und jede von uns berufen ein Missionar, eine Missionarin zu sein. Sie und ich, wir wurden nicht allein dazu Christen, dass wir in diesem Licht selig werden, sondern auch dazu, dass andere durch uns etwas sehen von diesem Licht. Dazu feiern wir heute miteinander das Erscheinungsfest, dass uns in diesem Licht der Sinn unserer eigenen Existenz aufgeht.
Das Licht und die LichterEin Letztes: Mission, heißt das, dass wir andere Religionen pauschal verachten, sie womöglich, wenn wir es könnten, mit Stumpf und Stil ausrotten? Gern wüsste ich, wie die „Weisen aus dem Morgenland“ sich später, als sie wieder zu Hause waren, ihren Religionen gegenüber verhalten haben.
Wie sehen wir die Religionen im Licht Jesu Christi? Da wird uns vieles, was Religionen bringen, als Irrweg erscheinen. Vor allem, wenn sie Menschen darauf festlegen, dass sie sich mit ihren Ritualen oder mit dieser und jener Moral selbst erlösen. Wir können das dann auch einander ungeniert sagen. So wie wir das Christen sagen, die mit ihrer Art des Christseins sich vor Gott und den Menschen rechtfertigen wollen. Aber es gilt auch anderen Religionen gegenüber das Wort Jesu: „Prüfet alles, das Gut behaltet.“ Es kann auch in anderen Religionen „Licht vom Licht“ geben. Es lohnt sich, im Licht Jesu Christi über „das Licht und die Lichter“ nachzudenken. Nicht umsonst heißt es am Beginn des Johannes-Evangelium, dass das Licht, das mit Christus in die Welt kam „alle Menschen erleuchtet, die in diese Welt kommen“. Und nicht umsonst wird im Neuen Testament immer wieder gesagt, dass dieses Licht, das in Jesus aller Welt leuchtet, schon von Anfang an da war, längst ehe Jesus in Bethlehem zur Welt kam und längst ehe die Christenheit entstanden ist. Christus, das Licht der Welt, war schon vor uns und gewiss auch schon vor der Christenheit da. Es mag sein, dass dieser oder jener Versuch Gott zu finden, etwas von diesem Licht wiederspiegelt.
Vor allem aber befreit uns das Licht der Welt, Jesus Christus, von dem Druck, wir müssten oder könnten mit unserer Frömmigkeit oder mit dieser oder jener Moral uns selbst, unsere eigene Existenz rechtfertigen. Das Licht Jesu Christi befreit uns von diesem Alptraum. Es hilft uns dazu, dass wir uns und einander in diesem hellen, freundlichen Licht sehen: Erlöste, Befreite, Geliebte, ein für allemal, ohne Wenn und Aber.
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